US-Dollar auf dem Prüfstand: UN diskutieren neue Leitwährung

Sich bei internationalen Transaktionen auf die Währung eines einzelnen Landes zu verlassen, ist riskant. Aber gibt es eine Alternative zum Dollar? Ja, meinen die Chinesen.

Könnte seine Sonderrolle bald verlieren: der Dollar. Bild: reuters

BERLIN taz Beim G-20-Wirtschaftsgipfel Anfang April waren China und Russland noch mit ihrer Forderung abgeblitzt, die Diskussion über eine neue globale Leitwährung auf die Tagesordnung zu setzen. Doch die Idee, den US-Dollar in dieser Rolle abzulösen, ist nicht vom Tisch. Mit dem Thema will sich nun der Wirtschaftsgipfel der Vereinten Nationen (UN) beschäftigen, zu dem sich die Vertreter von 192 Nationen vom 1. bis 3. Juni in New York versammeln. Der Wunsch soll von etlichen Teilnehmern kommen: Viele Länder hätten ihr Vertrauen in die US-Währung verloren, sagt Miguel D'Escoto Brockmann, Präsident der UN-Generalversammlung.

Chinas Zentralbankchef Zhou Xiaochuan hatte Ende März für Aufsehen gesorgt, als er eine neue Leitwährung unter Aufsicht des Internationalen Währungsfonds (IWF) forderte. Begründung: Die Krise habe gezeigt, wie gefährlich es sei, sich bei internationalen Finanzgeschäften auf die Währung eines einzigen Landes zu verlassen.

Seit dem Zweiten Weltkrieg wird der überwiegende Teil des Welthandels sowie der Kreditgeschäfte in US-Dollar abgewickelt. Auch der größte Teil der weltweiten Währungsreserven - der IWF geht von zwei Drittel der Fremdwährungsbestände aus - sind in dieser Währung angelegt. Diese Sonderstellung erlaubt es den USA, sich nahezu unbegrenzt zu verschulden - einer der Gründe für globale Ungleichgewichte und die derzeitige Finanzkrise.

Weil die US-Regierung nun versucht, den wirtschaftlichen Abschwung durch eine Ausweitung der Ausgabenprogramme und der Geldmenge in den Griff zu bekommen, befürchten Finanzexperten, der US-Dollar könne deutlich an Stabilität verlieren. Das wiederum hätte Auswirkungen auf die gesamte Weltwirtschaft.

China und Russland schlagen eine supranationale Reservewährung vor. Diese Funktion könnten die Sonderziehungsrechte (SZR) des IWF übernehmen. Die SZR sind eine künstliche Währungseinheit, die der IWF 1969 einführte. Sie setzen sich derzeit aus einem Währungskorb aus US-Dollar, Euro, Pfund Sterling und Yen zusammen und sind Teil der Währungsreserven der Länder. Der IWF teilt SZR immer dann aus, wenn weltweit mehr Liquidität gebraucht wird: Die Mitgliedsländer sind verpflichtet, sie untereinander als Zahlungsmittel zu akzeptieren.

Nach chinesischen und russischen Vorstellungen sollen die SZR künftig allgemein als Zahlungsmittel im Welthandel und bei Finanzgeschäften eingesetzt werden. Dazu müsste das System der SZR möglicherweise erweitert werden. So könnte man Vermögenswerte wie Wertpapiere einführen, die auf SZR lauten.

China scheint dabei auch eine Einbindung des chinesischen Yuan in den Währungskorb anzustreben.

Der chinesische Vorstoß, mit dem Peking die Waren- und Finanzmärkte stabiler gestalten will, wird nicht nur von Brasilien, Indien, Südkorea und Südafrika unterstützt. Auch Nobelpreisträger Joseph Stiglitz, der die UN-Expertenkommission zur Reform der Wirtschafts- und Finanzordnung leitet, plädiert für ein neues globales Währungsreservensystem. Ein Bericht der UN-Kommission kommt zu dem Schluss, ein SZR-basiertes System sei leicht umzusetzen und könne zu "weltweiter Stabilität, wirtschaftlicher Stärke und globaler Gleichheit" beitragen.

Chinas harsche Kritik an der unangefochtenen Stellung des US-Dollars als Leitwährung hat mit der wirtschaftlich symbiotischen Beziehung zwischen dem Land und den USA zu tun, die mit der weltweiten Wirtschaftskrise ins Wanken geraten ist. So hält China mit über 730 Milliarden US-Dollar den weltweit höchsten Bestand an US-Staatsanleihen und mit fast 2 Billionen US-Dollar die höchsten Währungsreserven. Die sind durch die US-amerikanischen Konjunkturprogramme und ein Anwerfen der US-Notenpresse vom Wertverfall bedroht.

US-Präsident Barack Obama reagierte ablehnend auf die Initiative. "Ich glaube, dass es keinen Bedarf für eine neue Leitwährung gibt, der Dollar ist außerordentlich stark", so Obama im US-Fernsehen. Dagegen sagte US-Finanzminister Timothy Geithner – für viele Finanzexperten überraschend –, er stehe dem Vorschlag "offen" gegenüber. Geithner betonte jedoch auch, der US-Dollar werde auch "noch länger" Leitwährung bleiben.

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