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US-Demokraten ernennen Präsidentschaftskandidaten"Barack Obama ist bereit"

Die US-Demokraten haben Obama zum Präsidentschaftskandidaten gekürt - unterstützt von den Clintons: Hillary verkürzte die Abstimmung, Bill hielt eine Jubelrede für ihn.

"Mit einer Stimme" zum Kandidaten gekürt: Barack Obama Bild: ap

DENVER dpa Barack Obama wird als erster schwarzer Kandidat einer großen Partei zur US-Präsidentschaftswahl im November antreten. Der Parteitag der Demokraten ernannte den 47-jährigen Senator aus Illinois am Mittwoch in Denver per Akklamation zum Kandidaten. Für dieses Verfahren hatte seine ehemalige Konkurrentin Hillary Clinton plädiert, um damit die langwierige Wahlprozedur abzukürzen. Der Parteitag solle "mit einer Stimme sprechen", forderte Clinton unter dem Jubel der über 5000 Delegierten. Kurz darauf stellte sich auch Ex-Präsident Bill Clinton, der laut US-Medien ein gespanntes Verhältnis zu Obama hat, voll hinter den frisch gekürten Kandidaten. Vize-Präsidentschaftskandidat Joe Biden richtete scharfe Angriffe an Präsident George W. Bush und die Republikaner.

US-Medien sprachen angesichts Obamas Kandidatur von einem "historischen Augenblick" für die Vereinigten Staaten. Obamas Gegner am 4. November wird der Republikaner John McCain sein, der kommende Woche ebenfalls von einem Parteitag offiziell zum Kandidaten nominiert werden wird.

Obama, der erst kurz vor der Abstimmung in Denver eingetroffen war, äußerte sich zunächst nicht öffentlich zu seiner Wahl. Er erschien am Abend lediglich kurz vor den Delegierten. Der 47-Jährige wird zum Abschluss des viertägigen Parteitages am Donnerstag in einer mit Spannung erwarteten Rede unter freiem Himmel seine Nominierung offiziell annehmen. Zu der Veranstaltung im Footballstadion der Stadt werden rund 76 000 Menschen erwartet.

"Barack Obama ist bereit, Präsident der Vereinigten Staaten zu sein", rief Ex-Präsident Clinton den Delegierten zu. "Barack Obama ist in der Lage, Amerika zu führen und die Führung der USA in der Welt wiederherzustellen". Er sei auch zum Oberbefehlshaber der Streitkräfte befähigt.

Wie bereits seine Ehefrau Hillary, die bei den Vorwahlen gegen Obama knapp verloren hatte, sagte auch Bill Clinton Obama volle Unterstützung im Rennen um das Weiße Haus zu. Dagegen hatten US- Medien in den vergangenen Wochen berichtet, das Ehepaar Clinton habe Zweifel, ob Obama die Wahlen im November gegen den Republikaner John McCain gewinnen kann. Zugleich machte der Ex-Präsident vor dem Parteitag keinen Hehl daraus, dass er lieber seine Frau als Präsidentschaftskandidatin gesehen hätte. "Am Ende hat meine Kandidatin nicht gewonnen."

Der Ex-Präsident war von den Delegierten mit demonstrativ langem Beifall begrüßt wurde. Bill Clinton ist auch acht Jahre nach Ende seiner Amtszeit als Präsident noch immer sehr populär bei den Demokraten. Wie es heißt, hätten ihn während der Vorwahlen Vorwürfe aus dem Obama-Lager besonders empört, er habe die "rassistische Karte" gespielt.

Biden hielt Präsident Bush und McCain eine "katastrophale Außenpolitik" vor. In Afghanistan würden sich die Talibankämpfer reorganisieren, zudem seien die USA außenpolitisch völlig isoliert. Mit Blick auf den republikanischen Präsidentschaftskandidaten und Vietnamveteran John McCain meinte Biden, in den gegenwärtig schwierigen Zeiten brauche Amerika mehr als einen "mutigen Soldaten".

Obama habe etwa bei seiner Position zum Thema Irak und Afghanistan außenpolitische Kompetenz bewiesen. Schwere Vorwürfe richtete Biden an die Wirtschaftspolitik der Republikaner, die durch Steuergeschenke an die Reichen und die Ölindustrie gekennzeichnet sei. Eine Präsident McCain würde lediglich die Politik der Regierung Bush fortsetzen.

Jüngste Umfragen hatten Anfang der Woche ergeben, dass der einstige Vorsprung Obamas vor seinem Rivalen McCain zusammengeschmolzen ist. Beide Kandidaten liegen demnach derzeit gleichauf.

Bei dem ordentlichen Abstimmungsverfahren zur Nominierung des Kandidaten durch den Parteitag standen formell sowohl Obama als auch Clinton zur Wahl. Bei dem komplizierten und langwierigen Verfahren hätten alle Bundesstaaten die Zahl ihrer Delegierten bekanntgeben müssen, wie sie bei den Vorwahlen bestimmt worden waren. Die von Hillary Clinton beantragte Bestimmung per Akklamation verkürzte den Prozess. Kurz zuvor hatte die frühere First Lady alle Delegierten aufgerufen, die Spannungen und Konflikte des Vorwahlkampfs hinter sich zu lassen und sich geschlossen hinter Obama zu stellen. Die Parteitagsstrategie wollte unbedingt jeden Eindruck einer Kampfabstimmung vermeiden.

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