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UNVERBREMT: Gareth Joswig über Merkels Rede in BRemenLieber gleich wieder ins Bett

Ein Glück: Kurz vor der Rede von Kanzlerin Angela Merkel auf dem Marktplatz unterbricht zurecht sintflutartiger Regen die CDU-Cover-Band im Vorprogramm. Der heftige Schauer rettete diejenigen, die nur zufällig mit Pommes-Majo in der Hand vorbeikamen – davor, dass Merkels Vorband nach „Summer of 69“ auch noch „An Tagen wie diesen“ von den Toten Hosen schmettern würde. Die Pommes dürfen drin bleiben.

Der Regen hört auf, Merkel fängt an. Direkt vor der Bühne sitzen Jubelkonservative der CDU. Hinter einer Absperrung darf der gewöhnliche Pöbel stehen. Als Merkel das erste Wort sagt, sind erst nur Pfiffe und Buh-Rufe zu hören. Einige schreien Unflätigkeiten aus 100 Meter Entfernung in Richtung Kanzlerin, andere machen automatisiert Fotos. Ein paar applaudieren etwas beschämt.

Als den Pfiffen ein wenig die Luft ausgeht, sagt Merkel: „Wir leben in Zeiten großer Veränderungen.“ „Gemeinsam“ mit der CDU könnten „wir“ die Veränderungen positiv gestalten. Im Subtext schwingt mit: Kommt zu mir, meine Schäfchen, hier sind wir alle sicher. Linguisten haben wohl recht, wenn sie sagen, dass sie Wörter wie „gemeinsam“ und „wir“ bis zum Erbrechen benutzt, um die ZuhörerInnen zu brainwashen.

Was aber, wenn man gar keine Angst vor „Veränderungen“ hat? Egal: Hab’jetzt Angst, guck doch auf die BSAG-Busse und die leeren Straßenbahnen, die den Rathausmarktplatz vor heranpreschenden LKWs schützen – „Veränderungen“! Und dieses Internet macht auch alles anders. Jesusmaria, denk doch einmal an die deutschen Autos, die in der Welt vielleicht bald keiner mehr haben will! „Made in Germany hat einen guten Ruf. Wir wollen, dass das so bleibt“, sagt Merkel. Über Rüstungsexporte sagt sie nichts.

Merkels Worte sind nicht mehr als leeres Geblubber. Am Besten, man klemmt sich den Rest der Rede und geht nach einer Pommes-Majo einfach wieder nach Hause. Gute Wahl.

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