: UNTERM STRICH
Viel Lärm um nichts: Auf „Anonymus“, den neuen Film von Roland Emmerich, reagieren Shakespeare-Fans allergisch, wie BBC berichtet. Der Film stellt die uralte Frage, ob Shakespeare ein Schwindler war, der seine Texte gar nicht selber verfasste, und beantwortet sie klar: Hinter „Hamlet“, „King Lear“ und dem „Sommernachtstraum“, hinter „Romeo und Julia“ und den Sonetten steht Edward de Vere, Earl of Oxford. Shakespeare dagegen war ein versoffener Schauspieler, der nicht mal lesen und schreiben konnte, im richtigen Augenblick aber listig genug war, als Statthalter des Earl zu agieren.
Emmerichs Version der Geschichte löste in England nun einen heftigen Streit aus. Der Shakespeare Birthplace Trust spricht von einer „Verschwörungstheorie“ und dem Versuch, „englische Kultur und Geschichte neu zu schreiben“. Um dieses fatale Einflusspotenzial des Films zu verdeutlichen, wurden neun Straßenschilder, auf denen Shakespeares Name vorkommt, überklebt. Auch ein Denkmal in der Heimatstadt des Dichters, Stratford-upon-Avon, wurde verhüllt, was symbolisch vor Augen führen soll, wie traurig ein England ohne seinen Dichterhelden aussehen würde. Paul Edmondson vom Shakespeare Birthplace Trust sieht die Gefahr, dass die Engländer den Glauben an ihr kulturelles Erbe verlieren könnten. Vielleicht sollte er sich den Film zur Beruhigung einmal anschauen – der ist nämlich so unbeholfen und schleppend inszeniert, dass sich Emmerichs Version sicher nicht durchsetzen wird. Seine England-Premiere erlebte „Anonymus“ kürzlich beim Londoner Filmfestival; in Deutschland wird er am 10. November in die Kinos kommen.