■ UNO-Schulden der USA und Kofi Annans Srebrenica-Bericht: Der machtlose Riese
Der „Kompromiss“ zwischen der Clinton-Administration und der republikanischen Kongressmehrheit, ein Drittel der 1,7 Milliarden Dollar Altschulden der USA bei den Vereinten Nationen zu begleichen, und der Srebrenica-Untersuchungsbericht von UNO-Generalsekretär Kofi Annan haben eines gemeinsam: Sie machen einmal mehr deutlich, dass die UNO als eigenständiges Subjekt nicht existiert und daher ihr so häufig behauptetes Scheitern oder Versagen ebenso wie ihre Leistungen und Erfolge immer ihren Mitgliedern zugeschrieben werden müssen. Der „Kompromiss“ von Washington ist ein Sieg der hartnäckigsten ideologischen Gegner multilateraler Verantwortung der USA über eine US-Regierung, die selber in den letzten Jahren bestenfalls lauwarme rhetorische Unterstützung für die UNO aufbrachte und deren Handeln – ob im Irak oder via Nato im Kosovo-Konflikt – erheblich zur Schwächung der Weltorganisation beigetragen hat. Dieser Sieg schmeckt nach mehr. Nun sind neben den von dem „Kompromiss“ betroffenen UNO-Maßnahmen noch zahlreiche andere Programme der Weltorganisation gefährdet, die ihren ideologischen Gegnern missfallen und sich durch ähnliche Knebelverträge zwischen Kongress und Administration torpedieren lassen.
Der Srebrenica-Bericht war seit vier Jahren überfällig. Er bestätigt ein Großteil dessen, was die taz und dann auch andere Medien bereits im Oktober und November 1995 berichtet haben über die Mitwisserschaft und -verantwortung insbesondere der Nato-Staaten USA, Frankreich und Deutschland für das schwerste Völkermordverbrechen in Europa seit 1945, das seitdem immer wieder der UNO als Versagen angekreidet wurde. Der Rest der Wahrheit schlummert in UNO-Dokumenten, die auf Geheiß Washingtons und anderer Hauptstädte vorläufig weiterhin unter Verschluss bleiben.
Die nunmehr seit Anfang der 80er-Jahre anhaltende finanzielle und damit immer auch politische Erpressung der UNO durch ihr mächtigstes Mitglied wird höchstwahrscheinlich weitergehen, auch wenn die USA bis zum Jahresende tatsächlich die jetzt in Aussicht gestellten 550 Millionen Dollar an die UNO-Kasse überweisen sollten, um die Suspendierung des Stimmrechts in der Generalversammlung zu vermeiden. Dabei wird sich so bald nichts ändern: Trotz vereinzelter vorsichtiger Kritik an dem aktuellen „Kompromiss“ lässt keiner der möglichen US-Präsidentschaftskandidaten erkennen, dass er die UNO nicht mehr erpressen wolle. Andreas Zumach
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