UNO-Kommision zu Syrien: Assad droht Verfahren
Die UNO-Kommission macht Vertreter des syrischen Regimes für die Gräueltaten verantwortlich. Ein Verfahren wegen Menschenrechtsverletzungen könnte folgen.
GENF taz | In der UNO sind am Donnerstag erste Schritte für eventuelle Verfahren gegen Syriens Präsident Baschar al-Assad und andere ranghohe Vertreter seines Regimes wegen Verbrechen gegen die Menschheit eingeleitet worden.
Die unabhängige Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats zur Lage in Syrien verfügt laut ihrem in Genf veröffentlichten Bericht über "gesicherte Erkenntnisse", wonach "Vertreter auf den höchsten Ebenen der Regierung" sowie "führende Offiziere der Streitkräfte" für "Verbrechen gegen die Menschheit und andere schwere Menschenrechtsverstöße" verantwortlich seien.
Die von dem Brasilianer Paulo Sérgio Pinheiro geleitete Kommission übergab dem Menschenrechtsbüro der UNO in Genf eine vertrauliche Liste mit den Namen der Personen und Armeeeinheiten, gegen die Verfahren eröffnet werden könnten. Nach Informationen der taz stehen auf der Liste neben Assad auch sein jüngerer Bruder Maher, der die Eliteeinheiten der Armee und deren Geheimdienste kommandiert, sein Schwager Assef Schawkat, stellvertretender Stabschef für Sicherheit und Aufklärung, sowie zwei Cousins des Präsidenten.
In dem Bericht beschreiben die unabhängigen Ermittler der UNO, wie die syrischen Streitkräfte auf Befehl Kinder und unbewaffnete Demonstranten erschießen, verwundete Gefangene in Krankenhäusern foltern, Soldaten töten, die entsprechende Befehle verweigern, grundlos Menschen festnehmen und wahllos Wohngebiete mit Panzern und Maschinengewehren angreifen. Zwar hätten auch die Aufständischen Menschenrechtsverstöße und Verbrechen begangen, heißt es in dem Bericht. Diese seien "allerdings vom Umfang und von der Organisation her nicht vergleichbar" mit den vom Regime zu verantwortenden Verbrechen.
Die im März 2011 vom UN-Menschenrechtsrat eingerichtete Untersuchungskommission hat den Auftrag, Gewalttaten sämtlicher Konfliktparteien in Syrien zu untersuchen und zu dokumentieren. Der gestern veröffentlichte zweite Bericht behandelt den Zeitraum von Anfang November bis zum 15. Februar. Anfang kommender Woche wird sich der UN-Menschenrechtsrat erneut mit der Lage in Syrien befassen.
In Homs ging am Donnerstag die Offensive der Regimetruppen weiter. Der Leiter der Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman, sagte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, insbesondere das Viertel Baba Amr und Teile von Inschaat würden heftig bombardiert. Der Stadtteil Chaldije liege zudem unter Mörserbeschuss. Über Homs seien Aufklärungsflugzeuge am Himmel zu sehen, fügte Abdel Rahman hinzu.
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