UN gegen Israels Annexionspläne: Welt vor einem „Wendepunkt“
Die UN warnen vor einer Annexion von Teilen des Westjordanlands durch Israel. Der Schritt könne jegliche Friedensbemühungen zunichte machen.
Als Grundlage für eine Annexion nimmt die israelische Regierung einen Plan des US-Präsidenten Donald Trump. Den Palästinensern wird darin ein eigener Staat in Aussicht gestellt, jedoch unter strengen Auflagen. Er sieht rund 70 Prozent der Fläche des Westjordanlandes für die Palästinenser vor. Die israelischen Siedlungen sollen aber bleiben. Israel könnte zudem auf das strategisch wichtige Jordantal seine „Souveränität ausweiten“. Jerusalem soll ungeteilte Hauptstadt Israels bleiben. Die Palästinenser beanspruchen das Westjordanland sowie den Gazastreifen für ihren künftigen Staat mit Ostjerusalem als Hauptstadt.
Im Westjordanland leben rund drei Millionen Palästinenser und mehr als 400.000 israelische Siedler. Der Palästinenserpräsident Mahmud Abbas erklärte am Mittwoch, wenn Israel auch nur „einen Zentimeter“ dort annektiere, müsse es die Verantwortung für die Zivilbevölkerung übernehmen. „Ein solcher unrechtmäßiger Schritt wird Israel dazu zwingen, die Verantwortung in besetztem Land als Besatzungsmacht entsprechend der 4. Genfer Konvention zu übernehmen“, sagte Abbas bei einer virtuellen Sitzung des Parlaments der Arabischen Liga. Die Konvention verbietet es einer Besatzungsmacht, Teile ihrer eigenen Zivilbevölkerung in besetztes Gebiet zu überführen.
Erste Schritte für die Annexion könnte die israelische Regierung ab dem 1. Juli einleiten. Sollte sie dies tun, befürchten Beobachter den Ausbruch neuer Gewalt in der Region. Die EU und Deutschland stufen eine Annexion als Verstoß gegen internationales Recht ein.
Verhandlungslösung nicht in Sicht
Der UN-Nahostgesandte Nikolai Mladenow sprach am Mittwoch davon, dass eine Verhandlungslösung für den Nahostkonflikt momentan weiter entfernt sei als jemals zuvor. „Es besteht die Gefahr, dass mehr als ein Vierteljahrhundert internationaler Bemühungen zur Unterstützung für einen lebensfähigen palästinensischen Staat, der in Frieden, Sicherheit und gegenseitiger Anerkennung mit dem Staat Israel lebt, beendet werden.“
Wenn die Annexion umgesetzt werde, könne sich die Dynamik in der Region dramatisch verändern und Instabilität im gesamten besetzten palästinensischen Gebiet auslösen. „In den kommenden Wochen könnten Entscheidungen getroffen werden, die den palästinensischen und israelischen Gesellschaften, der Sicherheit und dem wirtschaftlichen Wohlergehen beider Völker irreparablen Schaden zufügen“, sagte Mladenow. Zu den politischen Problemen kämen dabei die Gefahren durch die Coronakrise, durch die die Palästinenser 80 Prozent ihrer monatlichen Einnahmen verloren hätten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt