UN-Vollversammlung: Merkel fordert harten Kurs gegen Iran
Die Bundeskanzlerin bekräftigte auch ihren Wunsch nach einen ständigen deutschen Sitz im UN-Sicherheitsrat. Irans Präsident Ahmadinedschad erklärte den Streit um sein Atomprogramm überraschend für beendet.
NEW YORK dpa/rtr In ihrer ersten Rede vor der UN-Vollversammlung hat Bundeskanzlerin Angela Merkel im Atomstreit mit dem Iran für einen harten Kurs der Staatengemeinschaft geworben. Falls Teheran nicht einlenke, werde sich Deutschland "entschieden für weitere, schärfere Sanktionen einsetzen", sagte Merkel am Dienstagabend in New York. Falls der Iran in den Besitz einer Atombombe käme, hätte dies "verheerende Folgen" für Israel, den Nahen Osten, aber auch Europa und die freie Welt. "Nicht die Welt muss Iran beweisen, dass der Iran die Atombombe baut. Iran muss die Welt überzeugen, dass es die Atombombe nicht will," stellte Merkel klar.
Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad, dessen Besuch von massiven Protesten begleitet wurde, hatte zuvor in der Vollversammlung moderate Töne angeschlagen. Er erklärte überraschend den jahrelangen Streit um das Atomprogramm seines Landes für beendet. Die Sache liege nun bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA).
Der Iran habe sich entschieden, diesen legalen Weg zu gehen. Ahmadinedschad sprach mit Blick auf die Sanktionen des UN- Sicherheitsrats andererseits von "unrechtmäßigen und politischen Auflagen von arroganten Mächten", die sein Land nicht beachte. Praktisch zeitgleich mit Ahmadinedschads Rede in New York sprach sich das US-Abgeordnetenhaus in Washington für weitere Sanktionen gegen Teheran aus. Aktuell diskutieren die fünf Vetomächte des Sicherheitsrats und Deutschland über neue Sanktionen gegen Teheran. Wann diese verhängt würden, ist aber noch nicht absehbar.
In ihrer Rede meldete Merkel den Anspruch Deutschlands auf einen ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat an. Vier Jahre nach dem gescheiterten Vorstoß ihres Vorgängers Gerhard Schröder sagte sie, "Deutschland ist bereit, auch mit der Übernahme eines ständigen Sicherheitsratssitzes mehr Verantwortung zu übernehmen." In seiner jetzigen Zusammensetzung spiegele das höchste UN-Entscheidungsgremium nicht mehr die Welt von heute wider. "Es führt deshalb kein Weg daran vorbei, den Rat den politischen Realitäten anzupassen."
Einen Dämpfer erhielten die deutschen Ambitionen auf einen Sitz im Sicherheitsrat zuvor durch US- Präsident George W. Bush, der Japan als möglichen Kandidaten nannte, nicht aber die Bundesrepublik.
Die Europäische Union sagte den Vereinten Nationen volle Rückendeckung für die Herausforderungen der Zukunft zu. "Die EU glaubt, dass wir nur mit einer stärkeren (UN-)Organisation in einer sichereren, gerechteren und besser entwickelten Welt leben können", sagte der EU-Ratspräsident und portugiesische Premierminister José Sócrates.
Kritik an der Organisation kam von den ärmeren Ländern, die sich seit langem über eine mangelnde Repräsentanz beklagen. Der südafrikanische Präsident Thabo Mbeki warf der UN vor, sie lasse sich von reichen Ländern dominieren. "Es ist kalte Realität, dass es für die UN in ihrer gegenwärtigen Form schwierig sein wird, ihre eigenen Entscheidungen umzusetzen und den Armen zu helfen, die Millenniumsziele zu erreichen."
Zuvor hatte der US-Präsident die Vereinten Nationen zu einem weltweiten Kampf für Freiheit, Menschenrechte und Wohlstand aufgerufen und insbesondere das Militärregime in Birma angeprangert. Er verkündete eine Reihe von Sanktionen gegen die dortige Militärjunta. Bundeskanzlerin Merkel und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon appellierten eindringlich an die Militärführung, gegenüber den Demonstranten auf jede Art von Gewalt zu verzichten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe