UN-Sicherheitsrat zur Syrien: Russlands Resolution abgelehnt

Das Ergebnis stand schon vor der Abstimmung fest. Die Fronten sind verhärtet, die Vetomächte des Westens und Russland stehen sich unversöhnlich gegenüber.

Ein Mann, Wassili Nebenzia

Wenn Blicke töten könnten: der russische UN-Botschafter Wassili Nebenzia

NEW YORK/PARIS/BERLIN ap/dpa | Der Weltsicherheitsrat hat in einer Krisensitzung wegen des Militärschlags in Syrien eine von Russland vorgelegte Resolution abgelehnt. Darin sollte „die Aggression“ gegen Syrien durch die USA und ihre Verbündeten verurteilt werden. In dem Entwurf wurde die „Aggression“ als Verstoß gegen internationales Recht und die UN-Charta bezeichnet. Zudem wurden die USA, Großbritannien und Frankreich darin zur sofortigen Einstellung „jeglicher weiterer Gewaltanwendung“ aufgefordert. Unterstützung für die Vorlage bekam Russland am Samstag nur von China und Bolivien. Acht Länder stimmten dagegen, drei enthielten sich.

Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja sagte dem Rat vor der Abstimmung, die USA und ihre Verbündeten hätten angegriffen, ohne Ermittlungen der Organisation für das Verbot chemischer Waffen abzuwarten. Dies sei Rowdytum. Für die Annahme einer Resolution sind neun Stimmen nötig. Eine Ablehnung des Resolutionsentwurfs galt jedoch angesichts des Vetorechts der USA, Frankreichs und Großbritanniens ohnehin als sicher.

Die amerikanische UN-Botschafterin Nikki Haley erklärte in der Krisensitzung, die USA seien zu einem weiteren Militärschlag bereit, sollte Syrien erneut Giftgas einsetzen. Dies habe ihr US-Präsident Donald Trump gesagt. „Wenn unser Präsident eine rote Linie zieht, verschafft unser Präsident der roten Linie Geltung“, sagte Haley.

Die Botschaft des gemeinsamen Militärschlags von USA, Frankreich und Großbritannien, „der das Chemiewaffenprogramm Syriens gelähmt hat“, sei überdeutlich: Die USA würden dem syrischen Regime nicht erlauben, weiterhin chemische Waffen einzusetzen. Haley warf Russland vor, den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zu verteidigen und nicht sichergestellt zu haben, dass das syrische Chemiewaffenarsenal, wie 2013 von Assads Regierung zugesagt, vernichtet wurde.

Eine ranghohe US-Regierungsmitarbeiterin sagte, die USA seien zu der Einschätzung gelangt, dass bei dem Angriff am 7. April sowohl Chlorgas als auch Sarin verwendet worden seien. Zwar gebe es deutlich mehr verfügbare Informationen in Bezug auf Chlorgas, die USA hätten aber auch signifikante Informationen, die auf den Einsatz von Sarin hindeuteten. Die Mitarbeiterin verwies auf Berichte von Medien und Nichtregierungsorganisationen über die Symptome der Betroffenen, darunter verengte Pupillen. Das Nervengas Sarin gehört neben Tabun, Soman und VX zu den giftigsten Kampfstoffen.

May und Macron sehen Angriffe als notwendig an

Frankreichs UN-Botschafter François Delattre sagte, das Votum im Sicherheitsrat sende „eine klare Botschaft“ aus, dass deren Mitglieder die Wichtigkeit der jüngsten Militäroperation in Syrien anerkennen würden. „Und was am wichtigsten ist: Niemand bestreitet, dass der Einsatz von Chemiewaffen nicht geduldet werden und man davon abschrecken muss.“

Russlands UN-Botschafter Nebensia wertete die Sicherheitsratssitzung als Beleg, dass die USA und ihre Verbündeten „die internationale Politik und Diplomatie weiter ins Reich der Mythenbildung bewegen – Mythen, die in London, Paris und Washington erdacht wurden.“ Moskau setze den Mythen hingegen Fakten entgegen, erklärte er.

Der Rat hatte bereits in dieser Woche gleich mehrere Dringlichkeitssitzungen wegen des mutmaßlichen Giftgasangriffs in Duma bei Damaskus abgehalten.

Trump, der französische Staatspräsident Emmanuel Macron und die britische Premierministerin Theresa May hatten erklärt, die Luftangriffe auf syrische Militäreinrichtungen seien notwendig gewesen, um Syrien vom weiteren Einsatz von Chemiewaffen abzuhalten. Der russische Präsident Wladimir Putin verurteilte das Vorgehen dagegen und erklärte, dieser „Akt der Aggression“ werde nur die humanitäre Situation in Syrien weiter verschlimmern. Moskau und die syrische Führung um Präsident Baschar al-Assad beharren darauf, dass der mutmaßliche Giftgasangriff von Duma fabriziert sei und es vor Ort keine Beweise gebe.

Zu den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates zählen neben China sowohl Russland als auch die USA, Großbritannien und Frankreich. Der Rat hatte bereits in dieser Woche gleich mehrere Dringlichkeitssitzungen wegen des mutmaßlichen Giftgasangriffs in Duma bei Damaskus abgehalten.

Neuer Anlauf für Diplomatie

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief die Präsidenten der USA und Russlands, Donald Trump und Wladimir Putin, zu einer gemeinsamen Friedensinitiative auf. „Die großen Mächte tragen größere Verantwortung. Hier muss ein erster Schritt erfolgen. Das sind Putin und Trump der Welt schuldig“, sagte er der Bild am Sonntag.

Auch Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hatte sich für einen „neuen, kraftvollen Einstieg“ in die festgefahrenen Verhandlungen über eine politische Lösung des Syrien-Konfliktes ausgesprochen. Dazu werde die Bundesregierung auch ihre Kanäle nach Russland nutzen, um dort auf eine konstruktive Haltung zu dringen.

Nach dem Abzug der letzten islamistischen Aufständischen aus Ost-Ghouta hat die syrische Armee nach eigenen Angaben die volle Kontrolle über das Gebiet zurückerlangt. Ost-Ghouta, das seit 2013 von der Regierung belagert worden war, sei von „Terroristen“ befreit, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Sana unter Berufung auf die Führung der Streitkräfte am Samstag. Zuvor hatte der letzte Konvoi mit Rebellen die Stadt verlassen.

Im Norden Syriens erschütterte am späten Abend eine schwere Explosion ein Gebiet, in dem iranische Truppen stationiert sind. Es blieb zunächst unklar, was die Detonation in der Provinz Aleppo am Samstagabend auslöste, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete. Es könne sich zum Beispiel um eine Explosion in einem Waffendepot oder um einen Luftangriff gehandelt haben. In der Region seien auch afghanische Kräfte stationiert, die in dem Bürgerkrieg wie der Iran auf der Seite des syrischen Machthabers al-Assad kämpfen.

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