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UN-Mission-Führung zuversichtlichRuandische Milizen vor Ende

Immer mehr Kämpfer setzen sich von ruandischer Miliz FDLR ab. Ursache dürfte die Festnahme ihres Kommandeurs in Deutschland sein. Kongos Regierung drängt auf Abzug der Blauhelme.

Zwei UN-Soldaten und zwei Frauen betrachten einen Hutu-Milizen. Bild: ap

GOMA taz | Die Führung der UN-Mission im Kongo (Monuc) ist zuversichtlicher denn je, was die endgültige Schwächung der ruandischen Hutu-Milizen im Ostkongo angeht. Bei der Demobilisierung der Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) sei das Jahr 2009 "das beste in unserer Geschichte" gewesen, sagte Gregory Alex, Leiter der zuständigen Monuc-Abteilung im ostkongolesischen Goma, der taz. "2009 holten wir dreimal so viele Kämpfer aus dem Busch wie in irgendeinem Jahr zuvor", so Alex, "und wir können 2010 noch mal um 50 Prozent zulegen. Wir denken, bis Ende 2010 werden wir drei Viertel der Miliz gestellt haben."

Die teils von Tätern des ruandischen Völkermordes kommandierte FDLR kontrolliert weite Gebiete Ostkongos, wo sie für zahlreiche Kriegsverbrechen verantwortlich gemacht wird. Ihr Präsident Ignace Murwanashyaka konnte bis zu seiner Verhaftung im November 2009 unbehelligt von Deutschland aus agieren.

Die Verhaftung Murwanashyakas und seines ebenfalls in Deutschland ansässigen Stellvertreters Straton Musoni unter dem Verdacht der Verantwortlichkeit für Verbrechen gegen die Menschlichkeit hat weiterhin eine nachhaltige Wirkung auf die FDLR-Kämpfer im Busch, heißt es bei der Monuc. "Zuerst sagte die FDLR, Murwanashyaka käme sicher bald wieder frei. Aber jetzt merken die Leute, dass dies keine vorübergehende Sache ist. Jetzt kommen Leute aus dem Busch und sagen, die Verhaftungen sind der Grund dafür, dass sie sich absetzen", sagt Matthew Brubacher, politischer Berater der Monuc-Demobilisierungsabteilung.

Laut Monuc wurden im gesamten Jahr 2009 1.997 FDLR-Kämpfer im Kongo demobilisiert, in den ersten beiden Monaten 2010 weitere knapp 300. Über ein Fünftel davon waren Kongolesen, die anderen wurden nach Ruanda repatriiert. Die Gesamtstärke der FDLR wird nunmehr auf rund 4.500 geschätzt, gegenüber 6.000 vor einem Jahr.

Um die abtrünnigen ruandischen Kämpfer zu ersetzen, rekrutiert die Miliz in zunehmender Zahl Kongolesen, darunter auch zahlreiche Kinder, so die Monuc. Im gesamten Jahr 2009 stellten sich 190 kongolesische Kindersoldaten aus FDLR-Reihen der UN-Mission, in den ersten beiden Monaten 2010 sind es bereits 70 gewesen. Zugleich läuft seit Anfang März die neue kongolesische Armeeoperation "Amani Leo" gegen die FDLR. In mehreren Gebieten der Provinz Nord-Kivu sind nach UN-Angaben heftige Kämpfe im Gange. Dabei hat Kongos Regierungsarmee Verluste erlitten, und es gibt Berichte über Plünderungen und Übergriffe durch Regierungssoldaten.

Sollte der Trend zur Schwächung der FDLR anhalten, wäre die UN einen großen Schritt weiter in ihrem Bestreben, ihre Mission im Kongo zu einem Erfolg zu erklären und das Land zu verlassen. Kongos Regierung forderte erst in der vergangenen Woche erneut einen kompletten Abzug der größten UN-Mission der Welt aus ihrem Land bis Mitte 2011. Am Freitag erklärte der zuständige UN-Untergeneralsekretär Alain Le Roy in New York, die ersten Blauhelme könnten ab Mitte 2010 aus dem Kongo abziehen - zunächst aus friedlichen Gebieten.

Die Vermutung ist, dass die Regierung von Präsident Joseph Kabila die Blauhelme aus dem Weg haben will, bevor im Juli 2011 seine eigene Wiederwahl ansteht. Diese Wahl wird von internationaler Seite schon jetzt angesichts der schwindenden politischen Freiräume im Kongo mit der umstrittenen Wiederwahl Hamid Karsais in Afghanistan letztes Jahr verglichen.

In diesem Sinne hat sich auch die Europäische Union entschieden, die Wahlen 2011 nicht finanziell zu unterstützen - 2006 hatte die EU Kongos Wahlen noch mit mehreren hundert Millionen Euro sowie einer knapp 2.000 Soldaten starken Eingreiftruppe gestützt. Kongolesische Medien wiederum spekulieren angesichts der mangelnden Finanzierung und der ausstehenden Revision des Wahlregisters bereits jetzt über eine Wahlverschiebung mindestens bis zum Jahr 2012.

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