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UN-Menschenrechtsbeauftragte in ChinaUnwürdige Besuchsumstände

Erstmals seit 17 Jahren lässt China eine UN-Menschenrechtsbeauftragte ins Land. Doch sie wird in Xinjiang nur eine inszenierte Farce zu sehen bekommen.

UN-Menschenrechtsbeauftragte Michelle Bachelet mit Chinas Außenminister Wang Yi Foto: Deng Hua/ap

Peking taz | Bereits am Montag schraubte Michelle Bachelet die Erwartungen ihrer China-Reise merklich herunter. Es handele sich um keine „Untersuchung“, stellte die UN-Menschenrechtskommissarin bei einem Videogespräch mit Pekinger Botschaftsvertretern fest. Der erste Auftritt der Ex-Präsidentin aus Chile ließ auch keinen Zweifel mehr, welche Seite die vollständige Kontrolle über die Informationen hat: Außenminister Wang Yi überreichte Bachelet im Blitzlichtgewitter der Staatspropaganda eine Buchkopie von „Xi Jinping über die Achtung und den Schutz der Menschenrechte“. Nur wenige Minuten später schickte das Außenministerium eine Aussendung nach, in der es heißt: „Bachelet gratulierte China zu seinen wichtigen Errungenschaften beim Schutz der Menschenrechte“.

Zum ersten Mal seit siebzehn Jahren lässt die Volksrepublik wieder eine UN-Menschenrechtsvertreterin ins Land. Bachelet wird bei ihrem mehrtägigen Besuch die abgelegene Region Xinjiang bereisen, wo der chinesische Staat ein flächendeckendes System an Umerziehungslagern aufgebaut hat, um die muslimische Minderheit der Uiguren mit brutaler Repression gefügig zu machen. Auf den ersten Blick ist es also durchaus erfreulich, dass die chinesische Regierung nach dreijährigen Verhandlungen endlich seine Pforten öffnet.

Von den Recherchen eines internationalen Medienkonsortiums, das am Dienstag die brutalen Menschenrechtsverletzungen im Nordwesten Chinas belegte, lässt sich Peking nicht aus dem Konzept bringen. Wer die Entwicklungen der letzten Jahre unter Staatschef Xi Jinping mitverfolgt hat, kann auf die kommenden Tage nur mit äußerster Skepsis blicken: Peking ist längst nicht mehr gewillt, sich mit Kritik aus dem Ausland überhaupt nur auseinanderzusetzen – weder im öffentlichen Diskurs noch hinter den Kulissen.

All dies wird auch durch die – einer UN-Vertreterin unwürdigen – Umstände des Besuchs unterstrichen: Internationale Medienvertreter sind generell nicht zugelassen, zudem darf sich die siebzigjährige Bachelet nicht frei bewegen. Ihre Reise werde in einem sogenannten closed loop stattfinden, heißt es. Das bedeutet im Klartext: Die Kommissarin wird vollständig abgeschirmt – offiziell, um das Coronavirus nicht zu verbreiten. Dabei muss die Pandemiebekämpfung erneut als Vorwand für politische Zensur herhalten. Für Korrespondenten im Land ist dies bereits ein alter Hut: Wer als westlicher Journalist nach Xinjiang reist, wird trotz negativem PCR-Test oftmals unter Androhung von „Zwangsquarantäne“ wieder nach Peking zurückgeschickt.

Ein abgekartetes Verfahren

In Xinjiang ist die Lage ohnehin längst nicht mehr mit dem bloßen Auge zu fassen: So war dort bis 2019 der dystopische Polizeistaat ganz offen sichtbar, etwa in Form von militärischen Checkpoints und omnipräsenten Stacheldrahtzäunen. Mittlerweile ist die Überwachung subtiler geworden. Doch verbessert hat sich die Lage für die Uiguren seither dennoch nicht: Viele Umerziehungslager wurden etwa zu „Fabriken“ umdeklariert, wo die Insassen mutmaßlich Zwangsarbeit verrichten.

Andere politisch Verfolgte wurden schlicht in gewöhnliche Gefängnisse transferiert. Parallelen gibt es auch zum Besuch der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Anfang 2021. Auch hier hat sich die chinesische Regierung zunächst quergestellt, ehe man den internationalen Wissenschaftlern eine Reise unter strengen Auflagen genehmigte. Dazu gehörte eine orchestrierte Pressekonferenz, bei der Peking die Suche nach dem Ursprung von Corona in der Volksrepublik offiziell für beendet erklärt hatte. Damals machte die WHO gute Miene zum bösen Spiel, da sie sich den Zugang zu den chinesischen Behörden nicht verscherzen wollte.

Die meisten westlichen Diplomaten vor Ort haben dieses abgekartete Verfahren durchschaut. Tatsächlich versucht die chinesische Regierung bereits seit Längerem, europäische Botschafter für eine Reise nach Xinjiang einzuladen. Doch diese lehnten stets ab, da grundsätzliche Bedingungen nicht erfüllt werden konnten – allen voran unbeobachtete Gespräche mit betroffenen Lagerinsassen. Stattdessen zielen solche Touren auf eine Propaganda ab, die so plump ist wie die in Nord­korea: Den Diplomaten werden lachende und tanzende Uiguren in volkstümlicher Tracht vorgezeigt. Ein reiner Zirkus, der mit der Realität rein gar nichts zu tun hat.

Und wer als Journalist nach Xinjiang reist, wird grundsätzlich auf Schritt und Tritt von Sicherheitspolizisten verfolgt. Seit einigen Monaten ist selbst dies nicht mehr nötig: Aufgrund der Pandemiebeschränkungen sind praktisch sämtliche Reisen außerhalb Pekings unmöglich.

Die Isolation geht so weit, dass selbst grundsätzliche Fakten nicht überprüft werden können: So hatte Anfang Mai das von der CIA finanzierte US-Medium Radio Free Asia berichtet, dass die Behörden in der historischen Altstadt von Kaschgar in Xinjiang den traditionellen Sonntagsbasar demolieren würden – offenbar, um die kulturelle Assimilation der Uiguren voranzutreiben. Doch bislang konnte sich noch kein Korrespondent ein eigenes Bild machen. Xinjiang ist längst ein abgesperrtes Gebiet.

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