UN-Konvention droht Scheitern: Gefährliche Wüstenbildung

Breiten sich die Wüsten ungebremst weiter aus, müssen in den nächsten 50 Jahren 60 Millionen Menschen aus den Trockengebieten in Afrika flüchten.

Ein ausgetrocknetes Flussbett südlich von Buenos Aires. Bild: dpa

BUENOS AIRES taz | Die weltweit zunehmende Ausbreitung von Wüsten verstärkt den Klimawandel. Das ist die wesentliche Botschaft, die von der neunten Konferenz der Vereinten Nationen gegen Wüstenbildung (UNCCD) ausgeht, die am Freitag in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires zu Ende geht.

Rund 2.000 Teilnehmer aus 192 Ländern diskutieren dort. Herausgekommen ist bislang nur die dringende Mahnung, den Bodenschutz einzubeziehen, wenn die UN-Staaten im Dezember in Kopenhagen über ein neues Klimaabkommen diskutieren.

40 Prozent der Landoberfläche, vor allem in den ärmsten Ländern Afrikas und Zentralasiens, sind bereits Trockenzonen. Darunter fallen nicht nur Wüsten, sondern auch Gebiete mit generell trockenem Klima und wenig Vegetation, wo die Böden erosionsanfällig oder oft schon versandet sind.

"Die empfindlichen Ökosysteme der Trockengebiete sind höchst anfällig für Bodenverschlechterungen", sagt Mahmoud Solh, der dem Konsortium Dryland Science for Development (DSD) vorsitzt - quasi dem UN-Weltwüstenrat. Dieser hatte im Zusammenhang mit der UN-Tagung zu einer wissenschaftlichen Konferenz eingeladen, um die Arbeit an der Konvention mit neuen Erkenntnissen zu stützen. "Die Bauern in diesen Gebieten müssen bereits jetzt mit rauem und unberechenbarem Wetter und begrenzten Ressourcen klarkommen."

Nach Ansicht der Experten verstärken sich globale Erwärmung und Wüstenbildung gegenseitig. Nach den jüngsten Daten des Weltklimarats IPCC wird der Klimawandel die Trockengebiete in den nächsten Jahren um 11 Prozent vergrößern. Nach aktuellen Schätzungen enthalten Böden in Trockengebieten aber über 25 Prozent des weltweit gespeicherten Kohlendioxids. Wenn sie sich verschlechtern, können sie ihn nicht mehr binden. Schon jetzt gehen rund 4 Prozent der jährlichen CO2-Emissionen auf ihr Konto.

Der UNCCD gehören alle UN-Mitgliedstaaten an. Sie ist das weltweit einzige internationale Abkommen, das auf den Schutz und Erhalt des Bodens und seiner Fruchtbarkeit abzielt. Auf dem Erdgipfel 1992 in Rio de Janeiro ins Leben gerufen, hat sie es dennoch bis heute nicht geschafft, aus dem Schatten der anderen dort beschlossenen Konventionen - etwa zu Biodiversität und Klima - herauszukommen.

Die UNCCD gilt noch immer als zahnlose Veranstaltung, deren Finanzhaushalt in den letzen Jahren sogar von 17 auf gut 14 Millionen Dollar gesunken ist. Mangelnde Effizienz und Kompetenzgerangel zwischen den Gremien gelten als Hauptgründe für den Stillstand. Zum Vergleich: Das UN-Klimasekretariat verfügt über 150 Millionen Dollar Haushaltsmittel.

15 Jahre hat es gedauert, bis sich die Mitglieder auf der Vorgängerkonferenz 2007 in Madrid auf einen Zehnjahresplan gegen sich ausbreitende Wüsten einigten. Der trat 2008 in Kraft, richtet sich aber auf die interne Ausgestaltung des Wüstenkonvention und nicht auf konkrete Maßnahmen vor Ort. In Buenos Aires soll nun einen Aktionsplan und dessen finanzielle Ausgestaltung beschlossen werden.

Konkrete Maßnahmen vor Ort sieht er jedoch ebenfalls nicht vor, das bleibt Sache der betroffenen Mitgliedstaaten. So beschäftigt sich die UNCCD in Buenos Aires trotz der deutlichen Mahnung vorwiegend mit sich, obwohl mehr als 800 Nichtregierungsorganisationen aus aller Welt bei dem Treffen akkreditiert sind. Patrice Burger von der französischen NGO Centre dáctions et de réalisations internationales kritisiert das: "Es geht hier mehr um Verfahren, Budgetfragen und die Organisation der einzelnen Gremien der Konvention. Aber es gibt keinerlei Diskussion darüber, wie viel Geld in lokale Aktionen investiert werden soll oder kann."

Für den Franzosen liegt ein Geburtsfehler der UNCCD schon in der Definition von Wüstenbildung, die von der UN-Konferenz als Verschlechterung und Schädigung von Böden unter dem Einfluss des Klimawandels betrachtet wird. Wüste bedeutet aber auch fehlende Ernährungssicherheit, soziale Instabilität und Migration. "Nach Schätzungen werden in den nächsten 50 Jahren rund 60 Millionen Menschen aus den afrikanischen Trockengebieten abwandern müssen", so Burger.

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