UN Drogenbericht: Warnung vor K.-o.-Tropfen
Die Aufsichtsbehörde INCB ermahnt die Staaten zur besseren Kontrolle der "Date-Rape-Substanz" Benzodiazepin. Bislang seien diese Tropfen geschmacklich nicht erkennbar.
WIEN taz | Die verbreitete Anwendung von sogenannten K.-o.-Tropfen beunruhigt den Internationalen Suchtgiftkontrollrat (INCB) der Vereinten Nationen. In seinem gestern in Wien veröffentlichten Jahresbericht warnt die Aufsichtsbehörde vor Benzodiazepin, das auch unter dem Markennamen Rohypnol verkauft. Es wird so oft zur Vorbereitung sexueller Übergriffe missbraucht, dass es als "Date-Rape-Substanz" gilt.
Täter mischten es ihren Opfern in den Drink, um sie benommen und sexuell gefügig zu machen oder auszurauben, erklärte INCB-Präsidentin Sevil Atasoy. Sie appellierte an die Staaten, nicht nur die Öffentlichkeit aufzuklären, sondern auch an die Industrie heranzutreten, damit die geruch- und geschmacklosen Drogen leichter erkennbar würden. Die Hälfte der Mitgliedsländer habe zudem noch keine gesetzliche Registrierungspflicht für den Import solcher Mittel beschlossen.
Die türkische Biochemikerin überraschte durch ihr Plädoyer, die Prävention, obwohl teuer, über die Bekämpfung der illegalen Drogen wie Opium, Kokain oder Marihuana zu stellen. Der Kern des Problems sei, "dass der Mensch Drogen braucht, um mit seinem Leben und dem Stress fertigzuwerden". Es sei aber erwiesen, dass sich Glückshormone, die durch Sport ausgeschüttet werden, an dieselben Rezeptoren im Hirn richten, die auch von psychotropen Substanzen stimuliert werden. Daher seien die Staaten aufgerufen, die Jugend zum Sport zu ermuntern.
Den Schlafmohnfeldern und Drogenlords in Afghanistan, die ihr Beinahemonopol immer noch verteidigen, widmet der INCB-Jahresbericht vergleichsweise wenig Raum. Als alarmierend bezeichnet der Bericht die Entwicklung in Mexiko, wo die Drogenkartelle "ihre beherrschende Stellung über die gesamte Versorgungskette mit illegalen Drogen" zwischen Südamerika und den USA ausgedehnt hätten. Der von den USA ausgehende Trend, harte Drogen durch verschreibungspflichtige Medikamente zu ersetzen, habe auch Europa erfasst, sagte Atasoy weiter. In manchen Ländern seien mehr Menschen diesen Arzneimitteln verfallen als Heroin, Kokain und Ecstasy zusammen.
Dem Vorstoß von Boliviens Präsident Evo Morales, das in seinem Land heilige Koka-Blatt von der Liste der verbotenen Substanzen zu nehmen, begegnet der Bericht mit einem Verweis auf die Wiener Drogenkonvention von 1961 und rügt die Verdopplung der Anbaufläche von 2007 auf 2008.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Fußball WM 2030 und 2034
Der Profit bleibt am Ball