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UN-Bevölkerungsfonds ohne US-GelderBevölkerungspolitik gestrichen

Das US-Außenministerium stellt die Zahlungen für das Programm ein. Der Fonds fördere in China angeblich Zwangsabtreibungen.

Die chinesische Bevölkerungspolitik wird als Anlass genommen, Hilfsprogramme zu streichen Foto: reuters

Berlin taz | Das US-Außenministerium wird die Zahlungen an den UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA) einstellen. In einem am Montag bekannt gewordenen Schreiben des State Department heißt es zur Begründung unter anderem, UNFPA unterstütze beziehungsweise verwalte ein Programm der zwangsweisen Abtreibungen und Sterilisierungen in China mit.

Ein UNFPA-Sprecher wies den Vorwurf umgehend zurück: Die gesamte Arbeit des Fonds sei „der Förderung des Menschenrechts von Einzelnen und Paaren gewidmet, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, frei von Zwang oder Diskriminierung“. UNFPA unterstützt Aufklärungs- und Müttergesundheitsprogramme in mehr als 150 Ländern.

2015 waren die USA mit einer Zahlung von 75 Millionen US-Dollar der viertgrößte Geldgeber des Fonds. Wie alle UN-Institutionen finanziert sich auch UNFPA aus freiwilligen Zahlungen der Mitglieder. „Die Unterstützung, die wir über die Jahre von den Regierungen und der Bevölkerung der USA erhalten haben, hat Zehntausende Mütter vor dem vermeidbaren Tod und schweren Krankheiten gerettet“, schreibt UNFPA in seiner Erklärung.

Die Einstellung der Zahlungen an den Bevölkerungsfonds ist die erste konkrete Auswirkung der von US-Präsident Donald Trump wieder eingesetzten „Mexiko City Policy“. Dieses Dekret, das seit vielen Jahren unter demokratischen Präsidenten aus- und unter Republikanern wieder in Kraft gesetzt wird, verbietet die Förderung internationaler Institutionen, zu deren Arbeit auch die Beratung zu oder Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen gehört. Dieses auch „gag rule“ genannte Dekret hatte Trump schon in seiner ersten Amtswoche im Januar wieder in Kraft gesetzt.

Radikale Haushaltspolitik

Aber die Maßnahme spiegelt darüber hinaus auch Trumps vor wenigen Wochen vorgestellten Haushaltsentwurf wider. Darin hatte er neben exorbitanten Steigerungen der Militärausgaben auch eine Kürzung des Budgets des Außenministeriums um 28 Prozent angekündigt. Die Zahlungen an internationale Organisationen sollten drastisch zurückgefahren werden. Niemand allerdings wusste bislang genau, was Trump sich im Einzelnen darunter vorstellte.

Der Haushaltsentwurf dürfte in der vorgelegten Form keine Chance haben, vom Kongress verabschiedet zu werden – Kürzungen und Zahlungseinstellungen wie die an UNFPA kann die Regierung allerdings vornehmen.

Eine chinesische Reaktion auf den Vorwurf der Zwangsabtreibung und -sterilisation ist bislang nicht bekannt. Am Donnerstag und Freitag wird der chinesische Präsident Xi in Trumps Ferienressort Mar-a-Largo erwartet.

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4 Kommentare

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  • Als ob China amerikanisches Geld nötig hätte, um Abtreibungen durchzuführen ;)

     

    Nein, jetzt mal im Ernst: @taz Ist dieses UNFPA wirklich eine Art UN-Abtreibungshilfswerk? Bei Wikipedia steht zu dem Thema leider nicht viel. Mehr Informationen als dieser eine Satz im Text wäre hilfreich.

  • Was ein Glück hat man in China weder ein Überbevölkerungsproblem, noch eine aus den Fugen geratene Balance zwischen den Geschlechtern, noch steuert man auf Umweltprobleme zu gegen die unsere, nach 300 Jahren Raubbau in Europa, wie ein Kinderspiel erscheint. Da schadet es ja nicht wenn ein paar evangelikale Fanatiker versuchen der Welt Ihre kranke religiöse Sicht aufzuoktruieren. Gestern ein Bericht darüber das Abtreibungen in Niedersachsen kaum mehr flächendeckend angeboten werden weil private, religiöse Träger das sabotieren, heute läuft die religiöse rechte aus den USA mal wieder Amok. Heute wird lamentiert wann fanatische Islamisten die Welt 1000 Jahre zurück spulen wollen, morgen nehmen fanatische Christen das selbst in die Hand mit dem Ziel -2000.

     

    @Taz: ein paar statistische Fakten und Zahlen welche die Probleme in China näher Beleuchten währen eine sinnvolle Ergänzung der Meldung gewesen!

    • @danny schneider:

      Das Geschlechterverhältnis in China ist aus den Fugen geraten, weil Mädchen wegen der hohen Geldstrafen für Familien mit mehreren Kindern oft abgetrieben werden, damit die Familie stattdessen einen männlichen Stammhalter hat.

       

      Die brutale Bevölkerungskontrolle in China führt zu unzähligen verzweifelten Schwangerschaftsabbrüchen, manchmal auch Kindermorden. Dabei würden gerade bäuerliche Familien auf dem Land, wie die muslimischen Uiguren, gerne sehr viel mehr Kinder haben, dürfen aber nicht.

       

      Wie grausam Zwangsabtreibungen in China praktiziert werden, zeigt der Fall einer im achten Monat schwangeren Frau: https://www.welt.de/politik/ausland/article108430538/Gnadenlose-Politik-Abtreibung-im-achten-Monat.html

       

      Ich würde solche Zwangsabtreibungen nicht unterstützen und kann das US-Aussenministerium deshalb gut verstehen.

      • @Maike123:

        aus ihrem link:

        "Die alternde Gesellschaft Chinas und der schwindende Teil junger und billiger Arbeitskräfte, werden das wirtschaftliche Wachstum erheblich schwächen, so die Ökonomen."

         

        Verlängerte Lebeserwartung uned weniger Kinder führt zwangsläufig zur Überalterung ger Gesellschaft. Aber was wäre in China die Alternative? Ohne 1kind-Politik heute 200.000.000 Menschen mehr. Verdoppelung der Bevölkerung ca. alle 30 Jahre. Das kann 30 Jahre gutgehen, aber was ist danach? 5Mrd. Chinesen in China? Womöglich mit einem erträglichen Lebensstandard?

         

        Irgendwann ist die Welt - selbst bei idealen Bedingungen - für weiteres Bevölkerungswachstum einfach zu klein.

         

        Zur Bevölkerungskontrolle gibt es keine ernsthafte Alternative.