UN-Bericht zur Cholera-Epidemie in Haiti: Blauhelme brachten die Cholera
Experten stellen fest, was die Haitianer immer glaubten: Der Cholera- Erreger kam aus Südasien. Er verbreitete sich wegen Schlamperei und mangelnder Hygiene.
BERLIN taz | Uno-Blauhelme aus Nepal haben die Cholera nach Haiti eingeschleppt. Wegen der dortigen mehr als nur mangelhaften hygienischen Bedingungen konnte sich der Erreger schnell ausbreiten. Das haben Wissenschaftler aus Bangladesch, Indien, Peru und den USA festgestellt, die im Auftrag der Vereinten Nationen den Ausbruch der Cholera-Epidemie untersucht haben. Ihr abschließender Bericht wurde nun veröffentlicht. Bislang sind in Haiti rund 300.000 Menschen infiziert worden, knapp 5.000 sind gestorben. Nachdem die Epidemie in den vergangenen Wochen langsam abgeebbt ist, rechnen Experten jetzt wegen der einsetzenden Regenzeit mit einer zweiten Welle.
Neun Monate nach dem verheerenden Erdbeben vom 12. Januar 2010 war in Haiti zum ersten Mal seit rund 100 Jahren ein Fall von Cholera festgestellt worden. Der erste Kranke wurde am 17. Oktober in dem Städtchen Mirebalais im oberen Tal des Artibonite-Flusses registriert, gut 40 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Port-au-Prince. Drei Tage später wurden erste Cholerafälle 80 Kilometer nordwestlich davon im Mündungsgebiet des Artibonite entdeckt. Da der Erreger einer in Südasien gängigen Cholera-Bakterie sehr ähnlich war, kam schnell der Verdacht auf, die in Mirebalais stationierten Blauhelmsoldaten aus Nepal hätten die Krankheit nach Haiti gebracht. Es kam zu gewalttätigen Demonstrationen rund um ihr Lager.
Die Expertenkommission bestätigt nun diesen Verdacht. Neun Tage vor dem Ausbruch der Epidemie war in Mirebalais ein neues Kontingent von Blauhelmen aus Nepal angekommen. Dort ist Cholera weit verbreitet.
Trotzdem wird die Uno von direkter Schuld freigesprochen. Die Latrinen im Blauhelme-Lager seien von einem lokalen Unternehmen unterhalten worden und das habe nicht sauber gearbeitet. Die über Exkremente verbreiteten Cholera-Erreger hätten über einen Nebenfluss den Artibonite und zwei Tage später das Mündungsdelta erreicht. Der Fluss wird als Trinkwasser, zum Waschen und zur Bewässerung der Felder genutzt. Die Krankheit habe sich schnell ausgebreitet, weil Haitianer nach 100 Jahren ohne Cholera keine Antikörper gegen den Erreger haben.
Um ähnliche Vorfälle in Zukunft zu vermeiden empfiehlt die Expertenkommission der UNO, Personal aus Cholera-Gebieten vor Einsätzen zu impfen und vorbeugend mit Antibiotika zu behandeln. Latrinen sollen von eigenem dafür ausgebildeten Personal unterhalten werden. Mögliche Krankheitserreger in den Exkrementengruben müssten vor der Entsorgung routinemäßig mit einer chemischen Behandlung abgetötet werden.
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