UMWELT Alle 90 Bäume an der Findorffer Kastanienallee sollen gefällt werden. Das sei nötig, sagen Bahn und die Umweltbehörde. AnwohnerInnen, Beirat und der BUND sehen das anders: Kahlschlag in Findorff
Findorff soll um 90 Bäume ärmer werden. Die Deutsche Bahn will Mitte Dezember den gesamten Baumbestand auf dem Bahndamm entlang der Lärmschutzwand in der Kastanienstraße roden. Sein Mindestabstand zu den Oberleitungen sei zu gering, so die Bahn. Die AnwohnerInnen fordern Beschnitt statt Kahlschlag.
Bloß: „Bei der Begehung des Geländes war die Bahn null gesprächsbereit“, sagt Christine Cramm vom Beirat Findorff. Genauso wie die AnwohnerInnen und der Landesverband des BUND ist der Beirat überzeugt: Ein Beschneiden der Eichen, Kastanien, Ahornbäume und Birken tät’s auch. Das freilich müsste regelmäßig und professionell durchgeführt werden, „und das ist der Bahn zu teuer“, sagt Dieter Mazur, Vorsitzender des BUND Bremen.
Früher sei das anders gewesen: Vor 20 Jahren nämlich habe er in Horn genau das gleiche erlebt. Damals habe die Bahn sämtliche Bäume am Bahndamm Herzogenkamp/Luisental fällen wollen. „Da waren der Bahn die Proteste der Anwohner aber so unangenehm, dass die Bäume schließlich stehengeblieben sind – bis heute.“ Aber heute gebe es Stuttgart 21, „da wird das Geld der Bahn versenkt“. Aus der Umweltbehörde heißt es, die Fällung sei nicht zu umgehen: „Theoretisch könnte man die Bäume an der Bahnseite beschneiden“, sagt Jens Tittmann, Sprecher von Umweltsenator Joachim Lohse (Grüne), „aber dann bekämen sie zur Straßenseite viel zu viel Übergewicht.“ Und das Beschneiden nach allen Seiten, sagt er, „würden die Bäume nicht überleben.“
Der Umweltbetrieb Bremen (UBB) habe die Bahn aber dazu verpflichtet, Ausgleichspflanzungen vorzunehmen, möglichst am Fuße des Bahndamms, damit die neuen Bäume auch später den Oberleitungen nicht zu nahe kämen: „Die dreifache Menge dessen, was nun gefällt wird, soll neu gepflanzt werden.“ Das wären 270 Bäume. Sollten die nicht alle an den Bahndamm passen, werde der Rest in unmittelbarer Umgebung angepflanzt.
Für Martin Rode, Geschäftsführer des BUND Bremen, ist das ein schwacher Trost: „Ein guter Teil des Baumbestands kann beschnitten und erhalten werden.“ Er sieht die Bahn in der Pflicht „als Unternehmen, das sich Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben hat“. Für ihn ist der geplante Kahlschlag „ein Zeichen von Umgang mit Grünbestand in der Stadt insgesamt“.
Am sechsten Dezember sollen im Beirat Findorff die Pläne für die „Ausgleichspflanzungen“ öffentlich vorgestellt werden – der Kahlschlag steht indes wohl fest. schn
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen