UMTS-Nachfolger „Long Term Evolution“: Neues Netz mit Löchern
Von der UMTS-Nachfolgetechnik LTE erwarten Experten einen Boom beim schnellen Mobilnetz. Doch die Technik hat Tücken.
LTE? Falls eine aktuelle Umfrage unter deutschen Mobilfunkkunden stimmt, müssen die Netzbetreiber noch sehr viel Reklamegeld in die Hand nehmen, um das auch „Long Term Evolution“ genannte Verfahren, das die Nachfolgetechnik des aktuellen Mobilfunkstandards UMTS darstellt, bekannt zu machen. 42 Prozent haben demnach von dem als „Datenturbo“ beworbenen Ansatz noch nie etwas gehört.
Vielleicht hilft ja der Computerkonzern Apple: Dessen iPhone 5, das am Freitag hierzulande auf den Markt kommt, beherrscht erstmals LTE. Hauptneuerung von LTE gegenüber UMTS ist die mögliche Endgeschwindigkeit der Datenübertragung. Während man bei UMTS mit einigen Tricks maximal 42 Megabit pro Sekunde über die Luft befördern kann (zumeist sind es eher 7,2 Megabit), soll LTE bis zu 100 Megabit schaffen.
Das heißt: Mit einem Smartphone oder einer Datenkarte soll man unter Idealbedingungen schneller surfen können als über einen flotten DSL-Festnetzanschluss. Hinzu kommt, dass LTE stärker auf Internet-Dienste optimiert ist, als es UMTS je war. Es wurde beispielsweise die sogenannte Latenz gesenkt, die unter anderem dafür sorgt, dass über UMTS schnelle Online-Spiele kaum laufen, weil die Aktionen der Mitspieler verzögert ankommen.
LTE ist so sehr auf die Internet-Nutzung optimiert, dass man mit der Technik anfangs nicht einmal telefonieren kann: Normale Gespräche laufen werden weiterhin über UMTS abgewickelt, das die LTE-Handys parallel nach wie vor beherrschen. Allerdings ist LTE nicht gleich LTE. Weltweit gibt es zahllose unterschiedliche Funkfrequenzen, auf denen das neue Verfahren sendet und empfängt – und es gibt noch kein Gerät, das alle gleichzeitig beherrscht.
1800 Megahertz
Das kann man schon an der Tatsache erkennen, dass Apple drei verschiedene iPhone-5-Modelle in aller Welt anbietet. Das Smartphone arbeitet außerdem nur in bestimmten LTE-Netzen – in Europa ist es 1800 Megahertz. Konkret: In Deutschland können nur Kunden des Mobilfunkanbieters T-Mobile LTE mit dem Gerät nutzen. Konkurrenten wie Vodafone oder O2 senden auf der nicht vom iPhone unterstützten Frequenz um 800 Megahertz.
Einzig E-Plus besitzt noch LTE-fähige Frequenzen um 1800 Megahertz, hat mit der LTE-Unterstützung aber noch gar nicht angefangen. Die meisten LTE-Kunden dürften die Technik über eine Datenkarte verwenden. So verkaufen sowohl Telekom als auch Vodafone kleine Kästchen, die in Regionen einen schnellen Internetzugang ermöglichen sollen, in denen es an DSL-Leitungen fehlt.
Dabei gilt es allerdings zu beachten, dass die Technik mit Datendrosseln und Limits kommt: Überträgt man bei Vodafone beispielsweise mehr als 10 Gigabyte im Monat, wird das LTE-Netz auf Kriechgeschwindigkeit dezimiert. Multimediaangebote lassen sich so kaum abrufen. Hinzu kommen Abdeckungsprobleme.
Abdeckung in Berlin liegt bei 60 Prozent
Zwar wächst die Liste der mit LTE versorgten Städte regelmäßig, doch liegt etwa in Berlin die Abdeckung bei bislang nur rund 60 Prozent. Dafür machen die Netzbetreiber auch die Bundesnetzagentur verantwortlich, die nicht mit den Genehmigungen für die notwendigen Richtfunkverbindungen hinterher kommen soll. Entsprechend könnte es noch Jahre dauern, bis ein deutschlandweiter Vollausbau des Netzes erreicht ist, in manchen Regionen dürfte LTE erst gar nicht ausgebaut werden.
Die Mobilfunkanbieter machen den Kunden die Nutzung zudem nicht einfach. Bei der Telekom müssen so beispielsweise Zusatzpakete ("Speed Option") gebucht werden, um LTE zu verwenden – gegen Extragebühr, versteht sich. Der Tarifdschungel ist momentan nur schwer durchschaubar, was angesichts von Standardvertragslaufzeiten von zwei Jahren ein großes Problem darstellt. Prepaid-Tarife, die hoffentlich demnächst verfügbar sind, könnten dieses Problem lösen – dann muss man sich nicht ewig an einen Anbieter binden.
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