U21-EM in Schweden: Jeder will einen Messi
Die Junioren-EM ist eine Leitmesse für neues Spielermaterial. Bei Deutschlands Nullnummer gegen Spanien war der ganz große Überflieger aber nicht zu finden.
GÖTEBORG taz Seit Montag haben Mainz 05, Eintracht Frankfurt, 1899 Hoffenheim und der SC Freiburg mehr gemeinsam als nur die südwestliche Lage in der Republik. Sie fehlen als einzige Bundesligisten in der von der Uefa veröffentlichten Aufzählung der Clubs, die Scouts zum U21-Europameisterschaftsspiel Deutschland gegen Spanien geschickt haben. Die europäische Leitmesse für neues Spielermaterial wirbt nicht nur mit einem erlesenen Ausstellerverzeichnis, sondern auch mit einer Liste der 64 Topeinkäufer des Kontinents. Schon der EM-Slogan weist darauf hin, welche Wertsteigerung in kurzer Zeit zu erwarten ist: "Stars von heute, Superstars von morgen."
Dabei wollen alle doch nur das eine: einen neuen Messi. Der 21-jährige argentinische Stürmer vom FC Barcelona könnte selbst noch in der Juniorenauswahl seines Landes spielen und gilt dennoch bereits als einer der teuersten Spieler der Welt. Als allerneuester Rohdiamant wird sein 19-jähriger Mannschaftskollege Bojan Krkic gehandelt. Die mediale Fokussierung auf den Stürmer nervte Spaniens Coach Juan Ramon Lopez Caro derart, dass er androhte, ihn gar nicht erst aufzustellen. So weit kam es nicht, aber lediglich in der ersten halben Stunde gab der hoch Gepriesene mit einigen Dribblings seinen zahlreichen Fans unter den jungen schwedischen Zuschauern noch Gelegenheit für "Bojan, Bojan"-Rufe. Danach resignierte er zusehends und ließ sich in der 82. Minute entnervt auswechseln.
Da war allerdings auch der von den spanischen Zeitungen als "El Messi Aleman" titulierte Marko Marin schon nicht mehr dabei. Und musste von außen ansehen, wie sein Mitspieler Mesut Özil die große Chance verpasste, ihm diesen Titel abzujagen. Wahrscheinlich hätten ihn die spanischen Gazetten sogar zum Messias ausgerufen, wenn er den Ball in der 81. Minute, als er völlig frei vor Spaniens Torwart Sergio Asenjo auftauchte, im Tor versenkt hätte. Aber der Bremer ist eben doch kein richtiger Stürmer, auch wenn er nach dem Spiel beteuerte, sich auf der Position wohl zu fühlen.
So blieb eine gute Leistung der deutschen Mannschaft letztlich ungekrönt. Der selbst ernannte Titelfavorit bekam die Partie nach einer zögerliche ersten halben Stunde immer besser in den Griff und konnte gegen die technisch wesentlich stärker eingeschätzten Spanier sogar überraschende fußballerische Akzente setzen. Besonders die Tempodribblings von Marin und Özil - sonst eigentlich eine Domäne iberischer Fußballkunst - rissen immer wieder Löcher in die gegnerische Abwehr.
"Wenn man mir das Ergebnis vor dem Spiel angeboten hätte, hätte ich es angenommen, aber nach dem Spielverlauf bin ich eher enttäuscht", sagte Horst Hrubesch einen Tag nach dem Spiel im beschaulichen Floda, wo die Mannschaft sich fernab von Scouts und Beratern vorbereitet. Eine Abgeschiedenheit, die in putzigem Widerspruch zur offensiven Anpreisung seiner Akteure auf den Spielermärkten dieser Welt steht.
Aber Horst Hrubesch ist eben noch ein Vertreter der alten Fußballschule, in der die Ausbildung erst abgeschlossen wird, bevor man zu den Sternen greift. "Die Spieler sind dabei, erwachsen zu werden", sagte er und stellte trotzig einen soliden Handwerker aus seinem Team heraus statt einen der Überflieger: "Jerome Boateng ist einer der besten zentralen Abwehrspieler, den wir haben." Einmal in Fahrt, rechnete er gleich noch mit seinem Exverein ab: "Ich habe es nicht verstehen können, dass er in Hamburg auf verschiedenen Positionen ausprobiert worden ist, das ist nicht im Sinne der Ausbildung eines Spielers." Aber vielleicht stellen die HSV-Scouts ja hier in Schweden auf der Suche nach einem Innenverteidiger fest, dass sie ihn schon haben.
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