Twitterbots stören Tibet-Aktivisten: Nicht zensiert, aber geflutet
Unterdrückung geht auch ohne Zensur: Automatisierte Twitterkonten überschwemmen Twitter mit Unsinn – offenbar um Tibet-Aktivisten zu stören.
BERLIN taz | Es sind zumeist inhaltsleere Nachrichten mit vielen Schlagworten (Hashtags) die bei Twitter durchlaufen. Meist geht es um „Tibet" oder deutlicher um „Freetibet" – normalerweise die Schlagworte unter denen sich Tibet-Aktivisten auf Twitter verständigen.
Nun haben Twitterbots – automatisierte Twitterkonten – die Kontrolle über die Schlagworte an sich gerissen, indem sie die Schlagworte mit sinnlosen Nachrichten fluten. Bots sind Twitterprofile, die von Programmen statt von Menschen kontrolliert werden.
In ihrer harmlosen Fassung durchsuchen sie beispielsweise den Kurznachrichtendienst nach bestimmen Schlagwörtern und fassen diese in einem eigenen Kanal zusammen – wer sich für ein bestimmtes Thema interessiert, findet dort alle Nachrichten dazu. Möglich ist aber auch, dass solche Konten von niedrig bezahlten Onlinearbeitern kontrolliert werden, die für bestimmte Twitterkampagnen eingestellt werden.
In neueren Studien untersuchen Forscher wie Schwärme dieser Programme die sozialen Beziehungen zwischen Menschen beeinflussen können. Beispielsweise wie Menschen aus einem losen Netzwerk zusammengebracht werden können. Wie ein unliebsames Netzwerk gesprengt werden kann, zeigt sich nun am Beispiel Tibet.
Empfohlener externer Inhalt
Massenhaft Sinnlos-Tweets
Ein Video der Dokumentarfilmemacherin Erika Rand vom 15. März zeigt, wie im Twitterprogramm Tweetdeck die leeren Twitternachrichten zu Tibet durchrasen (in der Onlinesuche seien sie nicht sichtbar, so Rand). Sinnvolle Beiträge sind kaum lang genug sichtbar, um gelesen zu werden – wer sich neu einklinkt kann kaum einen zusammenhängenden Satz zu lesen finden.
Doch nicht nur der Twitterkanal wird geflutet. Ein Ziel der Nachrichtenflut scheint die tibetanische Dichterin und Aktivistin Tsering Woeser zu sein. Viele der Sinnlos-Tweets sind direkt an ihr Konto @degewa gerichtet. Andererseits versuchen zwei der Konten den Anschein zu erwecken, selbst Woeser zu sein.
Sie verwenden Variationen ihres Nutzernamens und haben sogar ihr Profilbild übernommen: @degewa1688 und @degewa0168. Beide Konten haben kaum Kontakte unter anderen Twitternutzern, aber schon Tausende Nachrichten hinausgeschickt. Ein deutliches Zeichen, dass die Konten nicht echt sind.
Wer genau hinter der Twitterflut steckt, ist nicht bekannt. Der Sicherheitsexperte Brian Krebs erinnerte in seinem Blog an eine ähnliche Strategie, die Twittergespräche von russischen Aktivisten störten, als diese über vermeintliche Wahlfälschung kommunizierten.
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