Twitter und die Werbung: Wodka für mehr Speed
Twitter-Gründer Biz Stone wurde von einem Spirituosenhersteller für einen Werbespot verpflichtet. Bei Twitter selbst lassen die Reklame-Umsätze weiter zu wünschen übrig.
Wo es der Facebook-Gründer bereits zu einem Film gebracht hat, da schafft es ein Twitter-Gründer wenigstens in die Werbung. Nach Mark Zuckerberg, dessen Kino-Alter-Ego Jesse Eisenberg im Facebook-Drama "The Social Network" gerade Kinoerfolge feiert, ist nun Twitter-Mitbegründer Isaac "Biz" Stone dran. In einer Reklame für eine russisch-amerikanische Wodka-Marke trifft er auf sich selbst und darf - mit etwas Selbstironie - sein Online-Netzwerk als ein Internet-Angebot feiern, dass "die Geschwindigkeit im Business total verändert" habe.
Wie viel Geld Stone für seine Wodka-Werbung bekam, ist nicht bekannt - auch wenn sich das US-Klatschblog "Valleywag" darüber lustig machte, der Twitter-Manager habe für den Spot uncoolen "Appletini" zu sich nehmen müssen, obwohl er doch eigentlich Experte für gute Cocktails sei.
Möglicherweise ist die Reklame-Erfahrung ja hilfreich, Twitter endlich zu ausreichenden Umsätzen zu verhelfen, damit sich die Firma selbst finanzieren kann. Vorbereitende Maßnahmen wurden bereits getroffen: Mitte September begann Twitter, seinen Web-Auftritt zu überarbeiten. Dieser Mini-Relaunch, firmenintern "#NewTwitter" getauft, betraf vor allem die wichtigen Seiten mit den Nutzerbotschaften, also jene, die User am häufigsten anklicken. Der überarbeitete Look ist mittlerweile bei den meisten Nutzern angekommen - und bietet nun jede Menge Platz für Werbebotschaften auch multimedialer Art, sollte sich das Unternehmen künftig für radikalere Reklameformen entscheiden.
Bislang hieß es stets, Werbung auf Twitter dürfe nicht nerven. Das gelang mit den derzeit verfügbaren Werbevarianten, "Promoted Tweets" und "Promoted Trends" genannt, relativ gut. Sie tauchen entweder dezent wie Google-Anzeigen in der Twitter-Suche auf oder werden weniger dezent in der "Trends: Worldwide"-Liste gezeigt. Nerviger sind die so genannten "Promoted Accounts". Mit ihnen regt Twitter bei Nutzern an ("Vorschläge für Dich"), einem Werbekunden zu folgen.
Alle drei Reklameformen finden nur dort Anwendung finden, wo es bereits regelmäßige Nutzerinteraktionen gibt. Was das genau bedeutet, weiß nur Twitter selbst. Dabei fließt durchaus Geld. Wie die "New York Times" berichtet, verlangt Twitter für einen "Promoted Trend" bis zu 100.000 Dollar (knapp 72.000 Euro) pro Tag. Die Reichweite von bis zu 190 Millionen Mitgliedern relativiert den scheinbar hohen Preis im Vergleich zu anderen Medien.
Dennoch kein Wunder, dass zahlreiche Firmen angesichts solcher Preise mit anderen Mitteln auf Twitter ihre Botschaften bewerben. So meinte Aaron Shapiro, Partner bei der Interpublic-Agentur "Huge" gegenüber der "New York Times", alle seine Kunden nutzten den Kurznachrichtendienst bereits als Teil ihrer Social Media-Strategie. "Wir sehen kein besonders großen Interesse an dem, was Twitter da anbietet."
Die Investitionen in die Vermarktung halten sich auch bei Twitter selbst in Grenzen. Von den momentan 300 Mitarbeitern sollen derzeit weniger als zwei Dutzend für Reklame zuständig sein, erst im Sommer wurden zusätzliche Spezialisten angeheuert. Das hielt den neuen Twitter-Chef Dick Costolo aber nicht davon ab, in einem Interview mit dem in Werberkreisen viel gelesenen Fachblatt "Ad Age" anzukündigen, Twitter erwarte "sehr, sehr bald" Reklamebuchungen im Millionenbereich. Costolo sieht sich dabei in einer Liga mit Facebook, und in einigen Jahren will man vielleicht auch zu Google aufschließen, das ja auch mal klein angefangen habe.
Davon ist Twitter derzeit noch weit entfernt. Costolo sagte, sobald das Unternehmen das Gefühl habe, eine Werbe-Infrastruktur zu besitzen, "die robust genug ist", werde nach Art von Google auch eine Self-Service-Variante entstehen. Dort kann ein Werber mit wenigen Klicks eigene Reklame einstellen und sie beispielsweise auch auf bestimmte Weltregionen konzentrieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!