Twitter-Debatte über Florian Schmidt: Die Bodenhaftung des Baustadtrats
Florian Schmidt wohnt in einer Zwei-Zimmer-Wohnung und bleibt da auch – obwohl er gut verdient. Genug Stoff für Aufregung auf Twitter.
Eigentlich ist Florian Schmidt zurzeit im Urlaub, doch der dürfte zuletzt nicht ganz so erholsam gewesen sein. Auf Twitter liefert sich der grüne Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, der sich berlinweit als Vorkämpfer gegen die Wohnungsnot profiliert hat, derzeit eine hitzige Debatte vor allem mit FDP-Politikern. Über seine eigene Wohnsituation, sein Einkommen – und was das alles mit seiner Politik zu tun hat.
Anlass war ein Artikel in den Prenzlauer Berg Nachrichten, in dem Florian Schmidt als Beispiel für Menschen angeführt wird, die beengt leben, aber trotzdem nicht umziehen, weil eine neue Bleibe deutlich teurer wäre. Schmidt wohnt mit seiner Frau und zwei Kindern auf 65 Quadratmetern in einem Innenstadtkiez, in zwei Zimmern, die Suche nach einer größeren Wohnung hat er eingestellt.
Michael Heihsel von der FDP aus Friedrichshain-Kreuzberg kritisierte: Schmidt sei bei einem Stadtratsgehalt von um die 8.000 Euro kein gutes Beispiel für Menschen, die sich Wohnraum nicht leisten können. „Der Stadtrat trägt sein Privatleben zu Markte, um seine politische Agenda zu untermauern, hat aber selbst nicht verstanden, dass er seinen eigenen Maßstäben nicht gerecht wird“, twitterte Sophie Regel von der FDP Pankow.
„Man ist Politiker auf Zeit“, entgegnete Schmidt, studierter Soziologe. Früher habe er monatlich 1.500 bis 2.000 Euro netto verdient, sagte er der Berliner Zeitung. Wenn er jetzt eine deutlich teurere Wohnung anmieten würde, sei ihm das Risiko zu groß, sie nicht dauerhaft halten zu können – was ja als Argument durchaus einleuchtet.
Allerdings fügte Schmidt auf Twitter noch hinzu: „Und von 8T bleibt auch nicht so viel übrig.“ Das hätte er besser nicht schreiben sollen. „Wann haben Sie eigentlich das letzte Mal mit normalen Menschen gesprochen?“ giftete jemand, auch andere stellten seine Bodenhaftung in Frage. Schmidt rechtfertigte sich, netto würden ihm davon noch 3.500 Euro bleiben, er wolle gar nicht jammern. Aber so richtig gut sah er am Ende nicht aus.
Was von der Aufregung bleibt? Die Erkenntnis, dass soziale Medien Politiker immer wieder zu unüberlegten Äußerungen verleiten. Gerade wenn man sich wie Schmidt mit Investoren anlegt und viele Feinde macht, rächt sich das sofort.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?