Türkischer Verleger Ragip Zarakoglu: Kämpfer für das freie Wort
Ragip Zarakoglu ist in der Türkei eine linke Einmanninstitution und seit 40 Jahren ein mutiger Verfechter der Meinungsfreiheit. Nun wurde er verhaftet.
Am Wochenende wurde in Istanbul der Verleger, Journalist und Menschenrechtler Ragip Zarakoglu verhaftet. Zarakoglu ist in der Türkei eine linke Einmanninstitution. Er ist Vorsitzender des Komitees für Meinungsfreiheit im türkischen Schriftstellerverband und hat in den letzten Jahren an führender Stelle die Solidarität mit angeklagten Journalisten organisiert.
Ragip Zarakoglu gehört in der Türkei seit 40 Jahren zu den mutigsten Verfechtern der Meinungsfreiheit überhaupt. Neben einer engagierten journalistischen Arbeit, die ihm zahlreiche Verfahren und auch drei Jahre im Gefängnis eingebracht hat, ist er vor allem als Verleger bekannt.
Mit seiner Frau Ayse gründete er in den 80er Jahre den Belge-Verlag. Dort erschien alles, was wichtig ist und verboten war: Bücher über die Kurdenfrage, Texte zum Völkermord an den Armeniern, Debatten über eine neue Minderheitenpolitik.
Bevor Ragip Zarakoglu den Verlag gründete, war er Redakteur bei der linken Tageszeitung Demokrat und unterstützte später die kurdische Zeitung Özgür Gündem. Neben etlichen anderen Auszeichnungen erhielt er 2008 den internationalen Preis für Publikationsfreiheit. Wegen seiner Bücher und Artikel wurde er jahrzehntelang mit Verfahren konfrontiert, zuletzt nach dem berüchtigten Paragrafen 301 wegen Beleidigung des Türkentums.
Mitte der 90er wurde der Belge-Verlag von Rechtsradikalen angegriffen, die Brandbomben warfen und den Verlag zerstörten. Ragip und Ayse machten unbeirrt weiter und verlegten ihre Bücher in ein Kellergeschoss. Ayse starb 2002 nach einer längeren Haftstrafe an Krebs.
Bis zu Zarakoglus Verhaftung am letzten Samstag war ihm in den letzten 30 Jahren ein Gefängnisaufenthalt erspart geblieben. Jetzt wurde er im Rahmen einer ganzen Verhaftungswelle festgenommen, die sich gegen vermeintliche Sympathisanten der kurdischen PKK richtet. Ragip Zarakoglu soll laut Meldungen der regierungsnahen Zaman mit Anderen eine politische Akademie im Umkreis der PKK betrieben haben, wo unter anderem über die Ermordung von Premier Tayyip Erdogan gesprochen worden sein soll.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste