Jürgen Gottschlich über Erdoğan und die Brände in der Türkei
: Die türkische Regierung versagt

Die bisherige Bilanz der Waldbrände in der Türkei ist verheerend: Mindestens acht Menschen sind ums Leben gekommen, und über 100.000 Hektar Wald, eine Fläche doppelt so groß wie der Bodensee, wurde vernichtet. Hunderte Dörfer sind abgebrannt und Tausende Tiere gestorben. Bereits jetzt lässt sich festhalten, dass die Regierung ein jämmerliches Bild abgegeben hat. Statt zu helfen, gab es zynische Kommentare, abwegige Schuldzuweisungen und verheerende Tatenlosigkeit.

Die übliche Taktik, „Terroristen“ alle Fehler in die Schuhe zu schieben, überzeugt die Bevölkerung in der Türkei immer weniger. Was hat die PKK damit zu tun, dass die Regierung Erdoğans die eigenen Löschflugzeuge hat verrotten lassen und der Präsident sich stattdessen eine ganze Flotte an Flugzeugen und Hubschraubern zugelegt hat, die ihn standesgemäß befördert? Auch die zynische Schuldzuweisung an die Kommunen in der betroffenen Region, die hauptsächlich von Bürgermeistern der oppositionellen CHP verwaltet werden, hat der Popularität Erdoğans geschadet. Dazu kam sein Auftritt im Brandhotspot Marmaris, bei dem er seinen Zuhörern Teebeutel zuwarf, statt für Hilfe zu sorgen, was zu landesweitem Kopfschütteln führte.

Erdoğan, so scheint es, verliert langsam den Kontakt zur Wirklichkeit. Eingebunkert in seinem Präsidentenpalast, umgeben von Jasagern, scheint er nicht mehr in der Lage zu sein wahrzunehmen, was die Bevölkerung tatsächlich bewegt. Aus Sicht der Menschen war der Staat in der Brandregion tagelang abwesend. Kein Löschflugzeug am Himmel, keine Armee am Boden, die die völlig überforderte örtliche Feuerwehr unterstützt hätte.

Dazu kommt, dass die Regierung das Land so heruntergewirtschaftet hat, dass auch kein Geld für den Wiederaufbau mehr da sein wird. Noch nie in seiner 18-jährigen Amtszeit als Ministerpräsident oder Staatspräsident war Erdoğan so unpopulär wie heute. Die Brände könnten dazu beitragen, dass seine Zeit zu Ende geht.

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