Türkische Fimwoche: „Sind mein Land und dein Land noch ein Land?“

Mustafa Dok verkaufte als Teenager Videokassetten in Samsun an der Schwarzmeerküste. Heute produziert er preisgekrönte türkische Filme. Seine “Türkische Fimwoche“ beginnt heute.

Reha Erdems „Singende Frauen“ Foto: Bredok Film Production

„Sind mein Land und dein Land noch ein Land?“ heißt die Reihe, die Mustafa Dok iniierte. Der 46-jährigeBerliner und international bekannte Filmproduzent (bei den internationalen Filmfestspielen in Cannes gewann der von ihm produzierte Film „Kis Uykusu“(Winterschlaf) des Regisseurs Nuri Bilge Ceylan die Goldene Palme) hatte kaum Zeit, diese Filmreihe lange vorzubereiten.

„Als das Kino Moviemento mir die erste Oktoberwoche nannte, habe ich nicht lange gezögert“ erzählt er freudestrahlend. Genau zwei Monate hatte er Zeit, um das Filmfestival vorzubereiten, eigentlich viel zu kurz. Aber er hofft,vom 29 September bis 5. Oktober 2017 auf interessiertes Publikum ins Kreuzberger Moviemento zu ziehen.

Vielschichtige, gesellschaftspolitische Filme bestimmen die Woche

Ein Publikum, dass wie er, bei guten Filmen erst einmal warten, bis sich der erste Hype gelegt hat, um sie dann in aller Ruhe auf der Leinwand zu goutieren. Auch sind Filme dabei, die es nicht auf die Berliner Leinwände schafften, so wie “Glut/Kor“ des Regisseurs Zeki Demirkubuz. Vielschichtige, gesellschaftspolitische Filme bestimmen die Filmauswahl des Produzenten Dok, der die meisten der gezeigten Filme selbst produziert hat.

Ab heute Abend werden insgesamt acht Filme gezeigt, “Kor“ eröffnet den Reigen. Die anderen Abende sind ansehnlich gefüllt mit den Filmen von namhaften Regisseuren wie Reha Erdem und Zeki Demirkubuz und interessanten Newcomern wie Ben Hopkins(„Hasret/Sehnsucht“) und Pelin Esmer („Watch Tower“), übrigens die einzige Regisseurin in der Filmwoche.

Warum braucht Berlin eigentlich eine Türkische Filmwoche? „Als Produzent hat man eine Menge Zeit, Geld und Arbeit in die Filme gesteckt. Und dann will ich natürlich, dass natürlich, dass die Filme ihrer eigentlichen Bestimmung folgen. Nämlich gesehen zu werden. Diesen Wunsch habe ich mir erfüllt“, erzählt er.

Von Kindesbeinen am im Kino

Bereits im Grundschulalter habe er die Filme des berühmten Regisseurs Yilmaz Güney im Kino seines Wohnviertels geguckt. So wie viele andere seiner Generation. „Damals galt noch: Ein Abend, zwei Filme. Meistens war es dann ein sozialkritischer von Güney und anschlißend ein Haudrauf-Film mit dem Tausendsassa Cüneyt Arkin.“

Auch wenn es kitschig klingen mag: die Liebe zum Film ereilte ihn wohl in den 70’er Jahren, als es auch im kleinsten Dorf noch Filme auf der großen Leinwand gezeigt wurden, Deshalb war es dann nur logisch, als die ersten Fernseher und später Videogeräte Einzug in die Haushalte hielten, in den 80'er Jahren, dass Mustafa Dok als 14-jähriger einen Videoverleih führte.

„Das Kassettenformat Betamax war damals sehr beliebt, danach kam Grundig 2000“, erklärt er lachend. „Ich kannte bis dato nur die türkischen Regisseure. Das “ecnebi sinema“, wie man die ausländischen Filme damals nannte, lernte ich mit 14 Jahren kennen. Von Hitchcock bis Almodovar, ich habe alles verschlungen.“

Nicken und lächeln

Mit 20 Jahren zog es ihn nach Deutschland. Nach der Ausbildung an der Kamera studierte er an der UdK Kommunikation. Seine Firma Bredok Film Production produziert er Filme u.a. für das ZDF und Arte und abendfüllende Kinofilme, die die Gesellschaften der Türkei beleuchten.

Schlagen sich die politischen Spannungen zwischen der Türkei und Deutschland eigentlich auf seine Arbeit nieder? Er lächelt. Und überlegt. „ Ich bin in der Türkei geboren und aufgewachsen. Momentan liest man überwiegend Negatives zur Türkei. Ich finde es derzeit super, dass die Türkei auf der gesamten Welt die Nachrichten dominiert – natürlich nicht. Aber wenn ich mich kritisch zur Türkei äußere, dann werde ich gefragt, ob ich Kurde oder Alevit bin, also Angehöriger einer Minderheit.

Als ob nur Minderheiten in der Türkei Probleme hätten.“ Die ganzen Diskussionen hierzulande würde er gern mit einem Facebook-Posting eines Freundes kommentieren: „ Dort stand: Hier über die türkische Politik zu dieskutieren ist wie mit Fußballfremden die Auswärts-Regel zu diskutieren.“ Mehr findet er, müsse man dazu gar nicht sagen.

Kreativer Schwung durch die neue Welle der Türkeistämmigen

Doch, ein Punkt fällt ihm doch noch ein: Durch den Zuzug von türkeistämmigen Filmemacher*innen im Exil werde die deutsche Filmbranche einen erheblich kreativen Schwung erleben. Auch die vielen türkischen Filmemacher werden in der kommenden Woche bestimmt im Moviemento anzutreffen sein.

Eröffnen wird die Filmreihe Zeki Demirkubuz' Film „Glut“, der bisher noch nicht in Berlin gezeigt wurde. Berliner Cineasten wird es freuen, vor allem sollten sie sich die geballte Ladung türkischer Fimkunst nicht entgehen lassen: eine Fortführung der „Türkischen Filmreihe“ im kommenden Jahr plant Mustafa Dok vorerst nicht.

Sie wollen auf die Frage “Sind mein Land und dein Land eigentlich noch ein Land?“ Antworten erhalten? Die Türkische Filmwoche startet heute Abend im Moviemento: “dem ältesten Kino Berlins“

Informationen zu den Filmen und zur Filmreihe erhalten Sie hier

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taz.gazete-Redakteurin, hat Turkologie und Publizistik an der FU Berlin studiert. Türkeistämmige in der Diaspora sowie Diversity in Medienhäusern und Redaktionen sind ihre Steckenpferde.

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