piwik no script img

Türken sind optimistisch

Studie: 60 Prozent der Türken in Deutschland sind mit ihrem beruflichen Fortkommen und Status zufrieden. Zukunftsaussichten der Kinder werden als rosig betrachtet

BERLIN taz ■ TürkInnen, die in Deutschland leben, sind Optimisten. Diesen Eindruck vermittelt der zweite Teil einer Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), der gestern in Berlin vorgestellt wurde. Im ersten Teil der Studie „Türken in Deutschland“ war unter anderem die Einstellungen zu Demokratie und Religion abgefragt worden. Der zweite Bericht beschäftigt sich mit „Individuellen Perspektiven und Problemlagen“.

Die Befragten hätten ihre Lebenssituation und ihre Zukunftsperspektiven „erstaunlich positiv“ bewertet, sagte Stephan Eisel, Leiter der KAS-Abteilung Innenpolitik. Gerade mal zehn Prozent schätzen ihre finanzielle Situation als schlecht ein, 60 Prozent der befragten Türken waren mit ihrem beruflichen Fortkommen und sozialem Status zum Teil sogar sehr zufrieden. Die Zukunfsaussichten ihrer Kinder bewerteten fast 80 Prozent als rosig und erwarten, dass ihre Nachkommen es „weiter bringen als sie selbst“. Dabei unterschieden sich die Antworten von bereits eingebürgerten Türken zum Teil erheblich von denen der Türken ohne deutschen Pass.

Die türkischen Optimisten beklagen auch Probleme: Bis zu 75 Prozent fühlen sich wie „Bürger zweiter Klasse“ behandelt. Im Vergleich zur deutschstämmigen Bevölkerung setzen sie daher andere Prioritäten bei politischen Forderungen. Ganz oben stehen die Bekämpfung des Rechtsextremismus und die Gleichstellung von Ausländern. Ihre deutschstämmigen Mitbürger legen mehr Wert auf sichere Arbeitsplätze und Rente. Die Zuwanderungsdebatte verfolgten die Türken ebenso kritisch, da sie um ihre Arbeitsplätze fürchteten, sagte Eisel.

Die insgesamt 329 Türken waren von zweisprachigen Interviewern eines Düsseldorfer Marketing-Instituts befragt worden. Knapp 80 Prozent lebten bereits mehr als zehn Jahre in Deutschland, fast die Hälfte waren Frauen. Gerade bei den Frauen sei das Bedürfnis, die deutsche Sprache zu lernen in den vergangenen zwei Jahren deutlich gestiegen, so Eisel. Die KAS rechnet damit, dass in den kommenden zehn Jahren bis zu 90 Prozent der in Deutschland lebenden Türken einen Einbürgerungsantrag stellen werden.

Faruk Sen, Direktor des Essener Zentrums für Türkeistudien (ZfT), begrüßte die Umfrage der KAS und kritisierte sie zugleich: Die Umfrage sei mit knapp 300 Befragten nicht repräsentativ, die Ergebnisse daher mit Vorsicht zu bewerten, sagte Sen der taz. So sei es zwar richtig, dass die Kontakte zwischen Türken und Deutschen auch in der Freizeit zunähmen. Dass 19 Prozent der Türken auch außerhalb ihres Berufs vorwiegend Deutsch sprächen, glaubt Sen indes nicht. Das ZfT führt im Auftrag von Bundesregierung und NRW-Landesregierung regelmäßig Telefon-Umfragen unter türkischen Migranten durch.

Der Studie „Türken in Deutschland“ sollen weitere folgen, kündigte Eisel an. Dann wolle die KAS unter anderem auch die Beziehungen zur Türkei und die frappierenden Sprachmängel von jungen Türken der dritten Generation untersuchen. NADIA LEIHS

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen