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Türkei verweigert AkkreditierungenBerichterstattung unerwünscht

Mehrere Korrespondenten sollen innerhalb von zehn Tagen die Türkei verlassen. Betroffen sind auch Reporter von ZDF und Tagesspiegel.

Nach der Freilassung von Deniz Yücel forderten Demonstranten Freiheit für alle Journalisten in der Türkei Foto: dpa

Berlin taz | Mehrere deutsche Korrespondenten in der Türkei sind aufgerufen, innerhalb von zehn Tagen das Land zu verlassen. Die Journalisten warten seit Anfang des Jahres auf ihre Akkreditierung. „Ihr Antrag auf Verlängerung der Pressekarte für 2019 wurde abgelehnt“, so lautete die lakonische Mitteilung, die die Reporter vom ZDF, vom Tagesspiegel, vom NDR sowie zahlreiche weitere Korrespondenten am Wochenende per E-Mail erreichte.

Das Bundesaußenministerium lud den türkischen Botschafter vor und forderte die Türkei dazu auf, die Korrespondenten unbehindert ihre Arbeit tun zu lassen. Nicht zum ersten Mal belastet der Umgang der Türkei mit deutschen Journalisten die Beziehungen zwischen Berlin und Ankara. Einen Tiefpunkt erreichten die Kontakte nach dem versuchten Putsch gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan vor drei Jahren, als Tausende Regimegegner, darunter auch zahlreiche Journalisten verhaftet wurden.

Eine schrittweise Wiederannäherung folgte erst der Entlassung des deutsch-türkischen Reporters Deniz Yücel, für den sich Kanzlerin Angela Merkel wiederholt persönlich stark gemacht hatte. Erst im Herbst sprach sich Bundesaußenminister Maas im Verlauf seines Antrittsbesuchs in Ankara für eine Verbesserung der bilateralen Verhältnisse aus. Mysteriös ist deshalb, warum das türkische Presseamt jetzt wieder offen auf Konfrontation setzt.

Voraussetzung für die Aufenthaltsgenehmigung

Die Akkreditierung ist für Ausländer ohne familiäre Beziehungen in der Türkei Voraussetzung für die Aufenthaltserlaubnis. Eine Verweigerung des Dokuments kommt einem befristeten Landesverweis gleich. Pro Jahr dürfen sich Touristen insgesamt nur 180 Tage in der Türkei aufhalten. Die Presseausweise der Korrespondenten laufen zum Ende des Jahres ab und müssen spätestens bis zum 1. Januar neu beantragt werden.

Während die Anträge der ARD-Mitarbeiter bewilligt wurden, warten noch mehrere Dutzend Journalisten aus aller Welt, darunter die Reporter der Süddeutschen Zeitung und der BBC, auf eine Antwort. Die Verweigerung des Presseausweises erreichte die betroffenen Journalisten unvorbereitet. Tagesspiegel-Reporter Thomas Seibert arbeitet seit 22 ununterbrochen in der Türkei.

Über die Gründe des Presseamtes in Ankara besteht offenbar auch in der Türkei Irritation. Der deutsch-türkische Abgeordnete Mustafa Yeneroglu von der Regierungspartei AKP zeigte sich in einer Erklärung überrascht über die Entscheidung, die er „weder nachvollziehen noch gutheißen und daher auch niemandem überzeugend vermitteln“ könne. Yeneroglu fürchtet, dass das Vorgehen der zuständigen Behörde „dem Ansehen der Türkei schadet“. Er hofft auf ein Umdenken im staatlichen Presseamt.

Ebenso appellierte Tagesspiegel-Chefredakteur Mathias Müller von Blumencron an die Behörde, ihr Vorgehen zu revidieren. Müller von Blumencron zeigte sich „erschüttert über die Entscheidung des türkischen Präsidialamts. Das ist ein schwerer Eingriff in die Pressefreiheit. Solche Methoden kennen wir sonst nur aus Staaten wie Venezuela und Libyen.“

Auch das ZDF will, wie Chefredakteurin Bettina Schausten erklärte, gegen die „vollkommen unverständliche“ Entscheidung, Jörg Brase, ZDF-Studioleiter in Istanbul, eine Verlängerung seiner Akkreditierung zu verweigern, vorgehen.

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5 Kommentare

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  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Der einzig wirksame Hebel zum Ansetzen: direkte und indirekte Wirtschaftshilfen für die Türkei kürzen. Das trifft das Regime im Mark. Doch das erfordert Eier.

    Alles Andere ist bestenfalls gut gemeint - aber nicht gut gemacht.

    Eine Reaktion von Bettina Schausten (mir ist Mandy Hausten entschieden lieber!) dürfte Herrn Erdogan keine schlaflosen Nächte bescheren.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      "Der einzig wirksame Hebel zum Ansetzen..."

      Warum sollten "wir" einen Hebel ansetzen? Die Türkei ist eine islamische Gesellschaft mit einer islamischen Regierung. Alles sehr gottgefällig und sicher nicht sehr demokratisch.

      Demokratisierung in islamischen Gesellschaften hat bislang noch nirgends funktioniert. Vielleicht schaffen es die Türken, eine demokratische Gesellschaft aufzubauen - vielleicht auch nicht. Der Westen sollte sich da nicht einmischen.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @A. Müllermilch:

        So war das von mir nicht gemeint.

        Mein Sendungsbewusstsein ist - im Gegensatz zu vielen Anderen - eng begrenzt.

        Mir geht es hier lediglich darum, Journalisten die Berichterstattung auch aus islamischen Gesellschaften zu ermöglichen. Als kritische Begleitung, nicht als Lehrmeister. Dass die Türkei und andere Staaten ihre Gründe haben, dies eher zu erschweren und behindern, ist klar.

        Eine 'Einmischung' halte ich in Maßen für legitim. Nach dem Paracelus'schen Motto: Jegliches ist ein Gift. Es kommt auf die Dosis an.

        Und die ist zwischen den Akteuren zu verhandeln. Als Opfer erlebe ich ein Land, das seine vermeintliche Freiheit am Hindukkusch zu verteidigen vorgibt, nicht gerade.

  • Vielleicht bin ja naiv.



    Aber vll sollte a l l e Journalisten aus aller Welt die Türkei verlassen.



    Dann bleiben sicher nur die Erdogan Fans übrig!

    • @Jakob Cohen:

      Nur Erdogan-Fans? Sie meinen wirklich, alle schon inhaftierten Jurnalist*innen sind Fans? Die Gefolterten in den Gefängnissen sind Fans? Alle, die Angst haben müssen, etwas Falsches zu sagen, weil sie auf unbestimmte Zeit sonst in einem Gefängnis landen könnten, sind Fans?

      Wenn niemand mehr die Menschenrechtsverletzungen dokumentiert, wie sollen diese dann ein Ende finden?

      Wir leben auf einem Planeten und niemandem sollte es egal sein, wenn ein Land (nicht nur) die Presse auf jede erdenkliche Art mundtot machen will!!