Trump sucht Vize: Vorstadtstimmen im Blick
US-Präsidentschaftsbewerber Trump hat die republikanische Nominierung sicher. Jetzt sucht er eine:n Vize. Die Liste der Kandidat:innen ist lang.
Beide Kandidaten sind bereits in einem fortgeschrittenen Alter – Biden ist 81 und Trump ist 77 – und daher wiegt die Auswahl der Vizepräsidenten ein bisschen schwerer als in anderen Jahren. Denn sollte Biden oder Trump etwas widerfahren, wären sie diejenigen, die augenblicklich für das Amt vereidigt würden.
An der Seite von Biden geht erneut Kamala Harris ins Rennen. Die frühere Senatorin aus Kalifornien konnte in den vergangenen drei Jahren als Vizepräsidentin ihr Profil nicht wirklich aufpolieren, im Gegenteil: Ihre Umfragewerte sind sogar schlechter, als die ihrer Vorgänger Mike Pence und Joe Biden es waren. Doch Biden hält an ihr fest, und laut dessen Wahlkampfteam wird Harris in den kommenden Monaten mehr öffentliche Auftritte wahrnehmen.
Trump hingegen sucht noch. Für Wähler:innen, die sich etwas anderes als einen erneuten Schlagabtausch zwischen Biden und Trump erhofft hatten – und das sind laut Umfragen die Mehrzahl der US-Amerikaner:innen –, könnte das ausschlaggebend sein, sagt die republikanische Strategin Rina Shah im Gespräch mit der taz. „Mit der Wahl des Vizepräsidenten oder der Vizepräsidentin kann Trump wichtige Stimmen gewinnen oder verlieren“, sagt sie.
Wird eine Frau Trumps Vize?
Die Liste der Kandidat:innen ist immer noch lang. Wie eine Umfrage unter Trump-Anhängern während der konservativen CPAC-Konferenz vergangenen Monat gezeigt hat, stehen Hardline-Republikaner:innen wie die Gouverneurin von South Dakota, Kristi Noem, oder Biotech-Unternehmer Vivek Ramaswamy ganz oben auf der Liste. Weitere Namen wie South Carolinas Schwarzer Senator Tim Scott, der Abgeordnete Byron Donalds, die ehemalige Abgeordnete aus Hawaii, Tulsi Gabbard, und Floridas Gouverneur Ron DeSantis wurden von Trump selbst während eines Town-Hall-Events genannt.
Geht es nach Shah, dann wird er mit großer Wahrscheinlichkeit eine Frau als Vizekandidatin auswählen. Der Hauptgrund ist das Thema Abtreibung. Nachdem der Supreme Court 2022 das bundesweite Recht auf Abtreibung nach fast 50 Jahren außer Kraft gesetzt hatte, haben Republikaner:innen eine Niederlage nach der anderen diesbezüglich hinnehmen müssen. „Ich würde die bevorstehende Wahl als einen Kampf um unabhängige Wählerstimmen in den sogenannten Swing States bezeichnen. Ich glaube, dass reproduktive Rechte für die überwiegende Mehrheit der jungen amerikanischen Frauen, egal ob auf dem Land oder in der Vorstadt, im Vordergrund stehen“, sagt Shah.
US-Medienberichten zufolge sieht es Trumps Wahlkampfteam ähnlich und will deshalb jemanden an dessen Seite, der vor allem diese Wählergruppen ansprechen könnte. Kandidaten wie South Dakotas Gouverneurin Kristi Noem, die ultrakonservative Ansichten in Sachen Abtreibungsrecht vertreten, könnten es somit schwer haben. Nur kurz nach der Supreme-Court-Entscheidung verbot South Dakota alle Abtreibungen im Bundesstaat. Nur wenn die Schwangerschaft das Leben der Mutter gefährden sollte, sieht das Gesetz eine Ausnahme vor. Vergewaltigung oder Inzest sind keine Ausnahmen.
In einem Interview mit CBS News im vergangenen Jahr sagte Noem, sie hoffe, dass andere Bundesstaaten South Dakota als Vorbild für ihre Abtreibungsgesetze nehmen würden. South Carolinas Senator Tim Scott prescht in seinem Heimatstaat mit einem Gesetz nach vorne, das Abtreibungen ab der sechsten Schwangerschaftswoche verbietet.
Unklar, wann Vize gewählt werden soll
Andere mögliche Kandidaten, wie die Abgeordneten Elise Stefanik oder Nancy Mace, stehen trotz ihrer Ablehnung von Abtreibungen weniger drastischen Gesetzen offen gegenüber. „Frauenthemen liegen mir sehr am Herzen. Ich denke, dass unsere Seite manchmal etwas falsch macht. Wir zeigen kein Mitgefühl gegenüber Frauen. Tatsächlich greifen wir Frauen an“, sagte Mace, die selbst ein Opfer von Vergewaltigung ist, in einem Interview mit Politico.
Abtreibung und reproduktive Rechte sind natürlich nur zwei Themen in diesem Wahlkampf, doch für viele der so wichtigen Wähler:innen in den Vorstädten könnten sie den Ausschlag geben zwischen Biden, Trump oder gar nicht wählen. Wann Trump seinen Vizekandidaten bekannt geben wird, ist noch offen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Israel und Hisbollah
Waffenruhe tritt in Kraft