Trotz großer Proteste: EU-Rat gibt Bankdaten an USA
Der EU-Außenminister-Rat erlaubt den USA weiter den Zugriff auf den Swift-Server, auf dem Daten weltweiter Geldtransfers ruhen. Der wird nach Europa verlegt – eigentlich, um die Daten besser zu schützen.
BRÜSSEL/BERLIN afp/ap | Ungeachtet der Warnungen von Datenschützern hat die Europäische Union ein Abkommen auf den Weg gebracht, das US-Terrorfahndern den Zugriff auf Bankdaten europäischer Bürger ermöglichen soll. Die EU-Außenminister beschlossen am Montag in Brüssel ohne jede Diskussion ein Verhandlungsmandat für die EU-Kommission und die schwedische Ratspräsidentschaft, wie Diplomaten mitteilten.
Die EU will den US-Sicherheitsbehörden zur Terrorfahndung auch weiterhin den Zugriff auf Millionen von Bankdaten ermöglichen, die der belgische Finanzdienstleister Swift verwaltet. Darunter sind auch grenzüberschreitende Überweisungen in der EU. Die USA nutzen die Daten bereits seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Die EU erhofft sich davon Erkenntnisse für die eigene Fahndung.
Das Abkommen zwischen der EU und den USA soll nach der Sommerpause stehen. Die Daten können nach dem Verhandlungsmandat für maximal fünf Jahre zur Terrorfahndung gespeichert werden. Datenschützer und Politiker bemängeln, dass Bürger nichts vom Zugriff auf ihre Daten erfahren.
Der Fraktionschef der Grünen im Europaparlament, Daniel Cohn-Bendit, hatte EU-Kommissionspräsdient Jose Manuel Barroso aufgefordert, das Abkommen dem Parlament vorzulegen – oder es zu stoppen. Da der Lissabon-Vertrag noch nicht ratifiziert ist, muss das Parlament nicht damit befasst werden.
Auch die konservativen Parteien kritisieren das Abkommen. FDP-Parteichef Guido Westerwelle sagte am Montag in Berlin, es sei völlig inakzeptabel, dass US-Behörden Zugriff auf inländische Kontobewegungen in Deutschland bekommen sollten. "Dieses Vorhaben muss gestoppt werden", sagte er.
Auch der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef im Bundestag, Wolfgang Bosbach, hatte zuvor die EU-Außenminister davor gewarnt, der Überwachung des europäischen Zahlungsverkehrs durch die US-Terrorfahndung bedingungslos zuzustimmen. "Es muss sicher gestellt sein, dass der Datenschutz berücksichtigt ist und die Daten unbescholtener Personen umgehend gelöscht werden", sagte Bosbach der Online-Ausgabe der Frankfurter Rundschau.
Außerdem solle die EU Rechenschaft fordern, welche Erkenntnisse durch diese Überwachungsmöglichkeit bisher schon gewonnen worden seien, meinte Bosbach: "Der allgemeine Satz 'Wir brauchen das für die Terrorfahndung' reicht mit nicht aus."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste