: Trotz Wirtschaftsflaute Galerienboom
■ Von der Ost-West-Vereinigung ist in der Kunstszene noch wenig zu spüren
Während aus Berlin ständig Künstler abwandern, weil die Atelier-Mieten steigen, öffnen an der Spree immer mehr Galerien. Vom Museum über private und kommunale Galerien bis zu Künstlerkneipen – rund 420 Ausstellungsorte stehen derzeit der zeitgenössischen Kunst offen. Unbeeindruckt von der Wirtschaftsflaute zeige sich über Jahre die Tendenz „von immer mehr Galerien“, sagte Hanspeter Heidrich. Der Mitherausgeber des monatlich erscheinenden „Berliner Kunst Kalenders“ beobachtet die Veränderung der Galerien-Landschaft seit Anfang der siebziger Jahre. Damals habe es in Westberlin 36 Galerien gegeben. Der Kunstmarkt im Osten boomte erst nach dem Mauerfall. Auch jetzt gelte: „Wenn fünf Galerien öffnen und drei zumachen, bleiben immer ein paar mehr übrig.“
Leider sei von der Ost-West- Vereinigung in der Kunstszene der Stadt noch wenig zu spüren, sagte Heidrich. Am besten lasse sich das bei Ausstellungseröffnungen beobachten, „wo Ossis oder Wessis überwiegend unter sich sind“. Auch Umzüge von Galeristen aus Kunsthochburgen wie Köln und Frankfurt hielten sich noch im „bescheidenen Rahmen“. Allein wegen der langwierigen Suche nach geeigneten Räumen habe mancher seine nach der Wiedervereinigung gefaßten Pläne an der Spree wieder aufgegeben.
Wie Heidrich ferner sagte, spielten heute „Mietunterschiede“ bei einer Entscheidung für den Ost- oder Westteil der Stadt keine Rolle mehr, weil der „Osten gleichgezogen“ habe. Während etwa die Hälfte der Galerien im Westteil privat geführt werden, existierten im Osten „viele Zwitter“, die zum Beispiel über ABM-Mittel oder andere staatliche Förderungen bemüht seien, auf die Beine zu kommen.
Die Kölner Wirtschaftsgeographin Margrit Kessler-Lehmann kam jetzt in einer Untersuchung über die Kunststadt Köln zu der Schlußfolgerung, daß trotz der Abwanderung einiger Kölner Galeristen nach Berlin der Kunststandort Köln nicht gefährdet werde. Die Domstadt verfüge über eine so „uralte Künstler- und Kunsttradition, daß sie den Verlust von ein paar Galerien verkraften kann“. In der 900.000-Einwohner-Stadt Köln gibt es nach ihren Angaben mehr als 200 Galerien. dpa
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