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Trostlos geiler Greis

Nur sehr partielle Shakespeare-Rezeption: Die Sinnfrage stellt sich gar nicht erst in Luk Percevals Inszenierung „L. King of Pain“, die am Schauspielhaus gastierte

Dieser L. ist kein liebender Vater. Die Mutter ist gestorben, die Töchter sollen ihn ihrer Liebe versichern, doch er grapscht ihnen nur zwischen die Beine. Es regieren Verfall und Verzweiflung. L. versiegen die Kräfte. Die Figur spielt zwar auf Shakespeares King Lear an, hat mit ihm aber wenig gemein. Denn wie schon im Acht-Gänge-Menü Schlachten zieht der flämische Regisseur und Strukturalist Luk Perceval nur den Namen des Vorbilds heran, um eine Crossover-Mahlzeit aufzutischen: die vom Schmerzenskönig L. King of Pain.

Die Koproduktion von Het Toneelhuis, Brugge, Schauspiel Hannover, Schauspielhaus Zürich und Arhus Festuge gastierte für zwei Tage im Schauspielhaus. L. (Thomas Thieme) ist ein Greis, der – umgeben von einer Meute debiler Höflinge, Sänger und Transsexueller – mit letzter Kraft seine Angelegenheiten regelt. Seine Töchter Goneril und Regan können bei Perceval auch schon mal Caroline und Stephanie heißen. Sie wollen den Vater zwar pflegen, nicht aber seine Ritterschar.

Im zweiten Akt nistet sich L. zum Essen bei Caroline und ihrem Mann Albert ein, im Schlepptau sein Gefolge, das sich auch bei der Mahlzeit nicht benehmen kann. L. selbst schleudert Orangen, als es zur Schlacht kommt. Die meiste Zeit aber dämmert er am Fuß eines Baumes vor sich hin. „Kennt mich jemand hier? Nee, ik ben niet Lear“, stöhnt er in einer Kunstsprache aus Flämisch, Niederländisch, Deutsch und Französisch. Die Qualen des Alters werden in dieser Inszenierung bewusst illustriert. Der schwermütige L. ist froh, wenn er zwischen seinen Beinen noch etwas entdeckt und seine Meute ihn mit Schubert-Liedern und philosophischen Reflexionen aufheitert. Kein Trost. Nirgends. Aber ein starkes Stück Schauspiel. ANNETTE STIEKELE

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