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„Trostfrauen“-Mahnmal in BerlinFrieden – zumindest bis zum Herbst

Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die „Trostfrauenstatue“ bis September stehen bleiben darf. Zuvor waren Bezirk und Korea-Verband uneins.

Ein kleiner Trost für daas Trostfrauen-Mahnmal: Bis Ende September darf sie bleiben Foto: Fabian Sommer/dpa

Berlin taz | Die Friedensstatue darf noch ein Weilchen in Moabit stehen bleiben, bis zum 28. September. Das hat das Berliner Verwaltungsgericht in einem Eilverfahren entschieden. Das Denkmal symbolisiert eine koreanische Sexsklavin, die im Zweiten Weltkrieg in japanischen Militärbordellen zu sexuellen Dienstleistungen gezwungen wurde. Sie wurde 2020 vom Korea-Verband aufgestellt.

Der Bezirk Mitte hatte die Statue für zwei Jahre genehmigt, danach geduldet. Den Antrag auf eine dauerhafte Standgenehmigung durch den Korea-Verband lehnte der Bezirk ab und forderte den Verband auf, die „Trostfrau“ bis Oktober 2024 abzubauen. Dagegen klagte der Korea-Verband.

Doch das Verwaltungsgericht konnte nicht feststellen, dass die öffentlichen Belange des Bezirks einen höheren Rang hätten als die Kunstfreiheit. Das Gericht rügte auch den Bezirk, der behauptete, es sei in Mitte Praxis, private Kunst im öffentlichen Raum für maximal zwei Jahre zu genehmigen. Diese Praxis sei „nicht einheitlich und willkürlich“ gehandhabt worden, so das Gericht.

Es ließ auch nicht gelten, dass die Aufstellung der Skulptur außenpolitische Interessen der Bundesrepublik gegenüber Japan berühren würde. Außenpolitische Belange fallen grundsätzlich nicht in die Zuständigkeit des Bezirksamts, so das Gericht, sie seien Bundessache. Bekanntlich hat die Regierung in Tokio gegenüber Bund, Land und Bezirk gegen das Denkmal protestiert. Das Thema sexuelle Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg gilt in Japan als heißes Eisen, eine Aufarbeitung dieses Teils der Geschichte hat es nicht gegeben.

Der Richterspruch ist noch nicht rechtskräftig

Der Korea-Verband hat allerdings auch kein Recht, die Statue dauerhaft auf öffentlichem Grund stehen zu lassen, weil das Bezirksamt erklärt hatte, seine bisher nur behauptete Verwaltungspraxis, private Kunst im öffentlichen Raum auf maximal zwei Jahre zu beschränken, nunmehr in Beschlüsse zu fassen.

Der Richterspruch ist noch nicht rechtskräftig, weil beide Seiten noch Beschwerde dagegen einlegen können. Der Bezirk wird das definitiv nicht tun, sagt ein Sprecher der taz. „Wir freuen uns, dass das Prinzip der Temporalität privater Kunst im öffentlichen Raum vom Verwaltungsgericht anerkannt wurde. Wir werden auf den Korea-Verband zugehen und ihm einen alternativen Standort für die Skulptur auf einem Privatgelände vorschlagen.“

Der Verband hat noch nicht entschieden, ob er Rechtsmittel einlegt. Eine Sprecherin wertete den Richterspruch als „wichtigen Etappensieg“. Doch der Einsatz für den Verbleib der Statue sei noch nicht beendet. „Als mi­grantischer, feministischer Verein sehen wir uns einem zermürbenden Machtungleichgewicht gegenüber. Doch wir lassen uns nicht entmutigen.“ Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf hatte bereits angeboten, die Statue an der Krummen Lanke aufzustellen. Es ist zu erwarten, dass Tokio auch dagegen mobilisiert.

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