Trendsport Kanupolo: Wasserball in Kajakbooten
Man braucht Kajak, Paddel, Ball und Wasser - fertig ist die Sportart Kanupolo. Beim Köpenicker Kanusport Club treffen sich die Spieler regelmäßig.
Einen Moment ist es still. Die Spieler haben sich mit ihren Kajaks in einer Reihe unter dem Tor positioniert. Konzentriert warten sie auf den Anpfiff. Dann klatscht der Ball auf das Wasser der Spree und die Spieler stürmen los, auf den Ball zu, krachen in der Mitte des Spielfeldes aufeinander, ihre Paddel verheddern sich. Ein Glück, dass sie Helme mit Gesichtsschutz tragen.
Was wie eine Mischung aus Handball und Kanurennen aussieht, nennt hier jeder "Kanupolo". Die Sportart ist in Deutschland relativ unbekannt - das zeigen schon die neugierigen Blicke der Passagiere auf den Jachten und Ausflugsdampfern, die an diesem Samstagnachmittag im Juli in regelmäßigen Abständen die Spree bei Köpenick entlang schippern. Der Köpenicker Kanusport Club (KKC) veranstaltet sein Fun-Turnier - angemeldet sind zehn Mannschaften aus der Region. Es geht nicht wirklich darum, wer gewinnt. Was zählt, ist der Spaß.
"Ziel des Spiels ist es, den Ball mit der Hand oder mit dem Paddel in das gegnerische, zwei Meter über der Wasseroberfläche hängende Tor zu werfen", erklärt Jens Garstecki. Der 28-Jährige ist Trainer der Kanupolomannschaft im KKC. Fünf Einer-Kanus gibt es in jeder Mannschaft, gespielt werden zweimal zehn Minuten. "Das hört sich wenig an - aber wer je Kanupolo gespielt hat, weiß, wie anstrengend die Sportart ist."
Polospieler messen sich nicht nur in kleinen Fun-Turnieren - es gibt sowohl Welt- und Europameisterschaften als auch eine deutsche Bundesliga im Kanupolo. In diesem August findet die Deutsche Meisterschaft in Essen statt - doch das weiß nur der, der sich auskennt.
"In den 20er-Jahren gab es erstmals Polospiele in Deutschland", sagt Garstecki. Damals habe Kanupolo Ähnlichkeiten mit Fußball gehabt. So hätten die Kanuten auf einer Wasserfläche gespielt, die genauso groß gewesen sei wie ein Fußballfeld. "Heute misst das Spielfeld ja nur noch 23 mal 35 Meter - dadurch wird das Spiel viel dynamischer", erklärt der Trainer.
Die Köpenicker Kanumannschaft trifft sich dreimal in der Woche zum Training. Derzeit spielen 16 Leute im KKC Kanupolo. Garstecki hofft, dass es in Zukunft noch mehr werden. "Deshalb investieren wir in Jugendarbeit und versuchen die Kanuten aus der Kanurennsparte zum Polo zu animieren", sagt er. Eigentlich bräuchte man gar keine bestimmten Voraussetzungen, wenn man sich in eins der kurzen, wendigen Poloboote setzen und mitspielen will. Auch das Alter sei egal. "Man muss nur schwimmen können."
In Berlin bieten neben den Köpenicker Kanuten auch andere Wassersportvereine, darunter der Kajak-Club Nord-West (KCNW) und der Kanuklub Charlottenburg, Kanupolo an. Andreas Koch, der am Fun-Turnier des KKC teilnimmt, spielt seit drei Jahren beim KCNW. Sein Sohn habe schon vor ihm mit dem Polo angefangen, und er habe seinen Sprössling bei den Turnieren immer ausgelacht, wenn ein Torschuss danebengegangen sei, so Koch. "Dann hab ich es selbst ausprobiert - und bin sofort ins Wasser gefallen." Der Hobbysportler schätzt das Mannschaftsgefühl unter Polosportlern. "Außerdem macht es total viel Spaß, im Sommer auf dem Wasser zu sein", schwärmt er. "Das ist viel besser, als in einer staubigen Halle vor sich hin zu schwitzen."
Trainer Jens Garstecki hingegen mag vor allem die Vielfältigkeit des Sports. "Man muss geschickt, kräftig und taktisch zugleich sein", sagt er. "Das ist das Schöne beim Kanupolo."
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung