Treibende Kraft beim Sturz Mossadeghs: CIA putschte im Iran
Codename „Operation TPAJAX“: Um den Nachschub billigen Öls für Großbritannien zu sichern, plante die CIA 1953 den Sturz der iranischen Regierung Mossadeghs.
WASHINGTON ap | Der US-Geheimdienst CIA war jüngst freigegebenen Dokumenten zufolge planende, treibende und ausführende Kraft beim Sturz des demokratisch gewählten iranischen Ministerpräsidenten Mohammed Mossadegh vor 60 Jahren.
Die Verwicklung amerikanischer und britischer Geheimdienste war seit längerem bekannt und der CIA hatte dies kürzlich selbst eingeräumt. Auf seiner Webseite berichtete er im vergangenen Jahr: „19. August 1953 - Iranischer Ministerpräsident Mohammed Mossadegh bei vom CIA unterstützten Coup gestürzt.“
Historiker, die die in dieser Woche veröffentlichten Geheimdokumente aus der damaligen Zeit durcharbeiteten, gehen nun aber einen Schritt weiter. Aus den von der Geheimhaltung befreiten Papieren gehe „das erste formelle Eingeständnis hervor, dass der CIA geholfen hat, den Putsch zu planen und auszuführen“, erklärte das Nationale Sicherheitsarchiv der George-Washington-Universität auf seiner Webseite. Die Begründung für die US-Politik vor 60 Jahren hat erstaunliche Parallelen mit der westlichen Kritik am iranischen Atomprogramm dieser Tage.
Der CIA erklärte, der Iran bedrohe die Sicherheit des Westens, weil er nicht mit dem Westen kooperiere. Iran lehnte es damals ab, mit der britisch kontrollierten Anglo-Iran Oil Co. Geschäfte zu machen. Das habe den Nachschub billigen Öls für Großbritannien gefährdet und eine britische Invasion heraufbeschworen, die wiederum eine sowjetische Invasion zu den iranischen Ölfeldern hätte auslösen können.
Nach diesem Befund wurde ein Plan entworfen, dies zu verhindern - unter der Überschrift „Kampagne zur Einsetzung einer prowestlichen Regierung in iranischer Verantwortung“ hieß es, legale und quasi legale Methoden seien anzuwenden, „um den Sturz der Regierung Mossadegh“ herbeizuführen und sie „mit einer prowestlichen Regierung unter Führung des Schahs (Resa Pahlewi) zu ersetzen“. Ein weiteres Dokument ist „Die Schlacht um den Iran“ überschrieben und enthält den Putschplan des CIA unter dem Codenamen „Operation TPAJAX“.
Offizielle Entschuldigung steht aus
Darin resümiert ein nicht namentlich genannter Autor, aus bisherigen Darstellungen gehe nicht hervor, dass der „Militärputsch zum Sturz Mossadeghs unter Leitung des CIA als Akt amerikanischer Außenpolitik ausgeführt wurde, der von der höchsten Regierungsebene erdacht und gebilligt wurde“. Der Putschplan sei „ein offizielles Eingeständnis (geschwärzt), das normale, rationale Methoden der internationalen Kommunikation und Handels versagt hatten. TPAJAX wurde als letztes Mittel angewandt.“
Iran hat seit dem Putsch 1953 eine offizielle Entschuldigung gefordert. Präsident Bill Clinton kam einer Entschuldigung 1999 nahe, Präsident Barack Obama sagte in seiner Kairoer Rede 2009, die USA hätten „eine Rolle beim Sturz einer demokratisch gewählten iranischen Regierung gespielt“. Eine ausdrückliche Entschuldigung der USA steht bis heute aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden