Treffen in Istanbul: Die „Freunde“ sind zerstritten
Die „Freunde Syriens“ können sich nicht auf ein schärferes Vorgehen gegen das Assad-Regime einigen. Die USA stocken Hilfe auf.
ISTANBUL taz | Nicht nur die syrische Opposition ist zerstritten, auch ihre westlichen und arabischen Unterstützer sind tief gespalten. Die Kontaktgruppe der „Freunde des syrischen Volkes“ erklärte am Sonntag, dass die Hilfe für die Gegner von Präsident Baschar al-Assad ausgeweitet werden soll. Auf eine gemeinsame Strategie konnten sie sich jedoch erneut nicht einigen. Ein direktes militärisches Eingreifen, wie es von der Oppositionellen gefordert wird, lehnt die Freundesgruppe weiterhin ab.
Die Nationale Koalition (NK) forderte ihre Unterstützer bei einem Treffen am Samstag in Istanbul zu „chirurgischen Angriffen“ auf Raketenstellungen der syrischen Armee sowie zu Maßnahmen auf, die den Einsatz von chemischen Waffen verhindern sollen. Zudem verlangten sie die Einrichtung von Flugverbotszonen entlang der Grenzen im Süden und Norden, wo weite Gebiete inzwischen von den Aufständischen kontrolliert werden. Diese Gebiete werden freilich weiterhin regelmäßig von Kräften des Regimes attackiert. Dies erschwert auch die Versuche der Opposition, eine zivile Verwaltung aufzubauen.
„Die internationale Gemeinschaft bewegt sich langsam in die richtige Richtung“, sagte Yaser Tabbara, Sprecher des kürzlich gewählten Interimsregierungschefs Ghassan Hitto, am Rande des Treffens. „Wir hoffen, dass dieser Prozess beschleunigt wird.“
Assad denkt nicht an einen Rücktritt
Der Vorstoß der Nationalen Koalition mag von vornherein illusorisch gewesen sein, wie ein Diplomat anmerkte. Aber auch die Türkei konnte sich nicht mit ihrem Vorschlag durchsetzen, in die Abschlusserklärung eine Formulierung über die Einrichtung eines humanitären Korridors aufzunehmen.
Am Ende blieb es bei der Verurteilung der Raketenangriffe und der Forderung nach Zugang für die UNO, um die Vorwürfe, dass es Chemiewaffeneinsätze gebe, zu untersuchen. Für den Fall, dass sich dieser Verdacht bestätigt, kündigten die Außenminister „ernsthafte Folgen“ an.
Auf Drängen der Freundesgruppe verpflichtete sich die Opposition darauf, weiter nach einer politischen Lösung des Konflikts zu suchen. Als Grundlage soll wie bisher das sogenannte Genfer Kommuniqué dienen, das die Machtübergabe an eine Übergangsregierung vorsieht. Die NK machte indes klar, dass es mit Assad keine Lösung geben kann. Assad selbst wiederum hatte vor wenigen Tagen deutlich gemacht, dass er nicht an Rücktritt denke.
Diplomatisches und militärisches Patt
Das diplomatische wie militärische Patt hat radikale Extremisten aus dem Umfeld des Terrornetzwerks al-Qaida gestärkt. Darüber ist nicht nur der Westen besorgt, sondern auch die Türkei und die Golfstaaten. Die Bundesregierung erwarte, dass sich die Opposition klar von „terroristischen und extremistischen“ Kräften distanziere, sagte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle am Samstag nach einem Treffen mit Oppositionsführern. Westerwelle stellte zudem weitere Finanzhilfe für die Oppositionellen in Aussicht.
Wie erwartet hat der amerikanische Außenminister John Kerry die Verdopplung der Finanzhilfe an die Regimegegner in Höhe von 123 Millionen Dollar angekündigt. Diese umfasst weitere sogenannte nicht tödliche Unterstützung der Rebellen. Direkte Militärhilfe will Washington dagegen nicht leisten. Von der NK erwarten sich besonders die westlichen Unterstützer weitere Schritte, mit denen sie ihren Anspruch, alle Syrer zu vertreten, unter Beweis stellt. Vor allem werden Zusagen zum Schutz der Minderheiten erwartet.
Waffenlieferungen, wie sie von den Golfstaaten erfolgen, sollen künftig allein über den Hohen Militärrat der Freien Syrischen Armee (FSA) erfolgen. Wichtigste Lieferanten sind Saudi-Arabien und Katar. Zwischen Saudi-Arabien und Katar gibt es jedoch Streit über die Unterstützung von radikalen Fraktionen und der Muslimbruderschaft. Die Opposition garantiere, dass die Waffen nicht in die falschen Hände fielen, heißt es in der Abschlusserklärung, um die bis zum frühen Sonntagmorgen gerungen wurde. Der Chef des Militärrats, Selim Idriss, versprach das auch. Wie er dies sicherstellen will, ist offen.
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