Syrische Opposition: Al-Khatib geht, Sabra kommt

Die Nationale Koalition in Syrien hat einen neuen Chef – übergangsweise. George Sabra steht seit Jahrzehnten in Opposition zu Assad

Straße in Deir al-Zor im Osten Syriens. Bild: Reuters

BERLIN taz | Das größte syrische Oppositionsbündnis, die Nationale Koalition, hat einen neuen Chef – übergangsweise. Der aus einer christlichen Familie stammende politische Veteran George Sabra wird die Führung der Organisation bis mindestens zum 10. Mai übernehmen. Dann soll ein neuer Präsident gewählt werden.

Die Ernennung erfolgte, nachdem sein Vorgänger Moas al-Khatib aus Protest gegen die Tatenlosigkeit der internationalen Gemeinschaft zurückgetreten war. Sabra bemühte sich am Dienstag, seinem ersten Arbeitstag auf dem neuen Posten, um die Freilassung zweier orthodoxer Erzbischöfe, die am Vortag in Nordsyrien in der Nähe von Aleppo entführt worden waren.

Sabra wurde 1947 in Qatatna, einem Vorort von Damaskus, geboren. Als sein Vater, ein Arbeiter, aus politischen Gründen entlassen wurde, arbeitete seine Mutter als Hausangestellte und verkaufte selbst gebackenes Brot. Privilegiert war die Familie nie. Nach einem Studium in Damaskus und den USA arbeitete Sabra als Geografielehrer, schrieb Kinderbücher und war als Drehbuchautor tätig, unter anderem für die syrische Version der „Sesamstraße“.

Aktiv seit den Studentenzeiten, acht Jahre im Gefängnis

Schon als Student war Sabra politisch aktiv. Er schloss sich der Syrischen Kommunistischen Partei (Politbüro) an, die sich von der moskauhörigen KP abgespalten hatte, sich am arabischen Nationalismus orientierte und einen eigenständigen Weg Syriens zum Sozialismus anstrebte. 1987 wurde er festgenommen und verbrachte acht Jahre im Gefängnis, davon zwei Jahre in Isolationshaft.

Im Jahr 2005 wandte sich seine Partei vom Marxismus-Leninismus ab und gab sich ein sozialdemokratisches Programm. Im gleichen Jahr war Sabra einer der Mitbegründer der „Damaskus-Erklärung“, einer Gruppe, die sich für politische Reformen einsetzte.

Nach Beginn der Protestbewegung in Syrien 2011 wurde er im Juli erneut inhaftiert – wegen „Untergrabens der staatlichen Moral“ und weil er zu Demonstrationen gegen die Regierung aufgerufen hatte. Im September kam er wieder frei und setzte sich ins Exil ab, wo er sich im Rahmen der Opposition engagierte. Sabra war bisher Vorsitzender des Syrischen Nationalrats, der Teil der Nationalen Koalition ist. Für seinen neuen Posten bringt er also reichlich Erfahrung als Manager von breiten Bündnissen mit – auch wenn diese Tätigkeit nur interimistisch sein sollte.

Update, 17:34 Uhr:

Am Nachmittag kamen die beiden im Artikel erwähnten Erzbischöfe wieder frei.

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