Trauer oder Pflichtübung?

■ Bubis wiederholte die umstrittene Jenninger-Rede

Hamburg (dpa) – Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, hat die umstrittene Gedenkrede Philipp Jenningers zur Reichspogromnacht in einer Frankfurter Synagoge gehalten – und keiner hat es gemerkt. Das erzählte Bubis vorgestern abend in Hamburg in der Diskussionsreihe „Gegenbühne – Hamburger Kulturgespräche“ zum Thema „Trauer oder Pflichtübung“. Er habe die Ansprache 1989 bei einer Festveranstaltung zum 9. November vorgetragen. „Ich habe damals nur einige minimale Wendungen Jenningers weggelassen und wollte mal die Reaktionen der Leute abwarten. Aber keiner hat was gemerkt“, so Bubis in Hamburg.

Jenninger hatte 1988 in seiner Rede der Reichskristallnacht am 9. November 1938 gedacht. Seine Ansprache war als eine Art Verteidigung des Nationalsozialismus aufgefaßt worden, weil für viele Zuhörer die Distanzierung Jenningers von den von ihm zitierten Nazigrößen nicht deutlich genug wurde. Schon während der Rede hatten zahlreiche Abgeordnete den Saal verlassen. Kurz darauf legte der Politiker sein Amt nieder.