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Transparenzbericht von CampactSo viel Geld wie nie zuvor

Campact ist bekannt für demokratiefördernde Kampagnen und Anfeindungen von rechts. 2024 bekamen die Organisation so viel Geld wie in keinem Jahr davor.

Ein Aktivist mit Merz-Maske auf einer Kundgebung von Campact und Kabul Luftbrücke im Juni 2025 Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Berlin taz | Als die CDU um Friedrich Merz im Februar eine Bundestagsanfrage zur Finanzierung von über 500 NGOs stellte, ging es auch um das Netzwerk Campact. Die Vermutung, die die Union in den Raum stellte: Die Organisation bekomme Geld vom Staat und mache dann Kampagnen gegen einzelne Parteien.

Campact hatte sich schon zuvor gerichtlich gegen entsprechende Aussagen gewehrt. Im September 2024 deutete der CDU-Politiker Christoph Ploß an, dass Campact Geld vom Staat kassiere und an die Grünen weiterreiche. Campact gewann den Rechtsstreit und Ploß darf diese Aussage nicht mehr tätigen. Trotzdem ist die Kampagnen-Organisation immer wieder Ziel von Anfeindungen und Fake-News. Felix Kolb, Geschäftsführender Vorstand, nennt dies „systematische Angriffe auf unsere Glaubwürdigkeit als unabhängige Organisation“.

Mit seinem nun veröffentlichten Transparenzbericht zum Jahr 2024 will der Verein diese Falschnachrichten entkräften. Campact will zeigen, wo sein Geld wirklich herkommt und wohin es geflossen ist. Dabei wird noch mal klar: Kampagnen gegen rechte Parteien und Geldspenden an demokratische Parteien gab es zwar, aber eben keine Zahlungen vom Staat.

Was ist Campact genau?

Der Verein Campact e. V. beschreibt sich selbst als Kampagnen-Organisation, die für „demokratische Werte eintritt und unsere Demokratie verteidigt“. Die von ihr gestarteten Kampagnen sollen politische Entscheidungen beeinflussen und den „ökosozialen Fortschritt“ vorantreiben und sich für die „freie und gerechte Gesellschaft“ einsetzen.

Campact e.V. wurde 2004 gegründet, musste aber nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofes 2019 den steuerlichen Status als gemeinnützige Organisation abgeben. Seitdem gibt es neben Campact e. V. auch die Demokratie-Stiftung Campact, die „ausschließlich gemeinnützige Projekte und Initiativen“ fördert.

Dennoch sind die beiden Organisationen eng miteinander verbunden, teilen nach eigenen Aussagen dieselben Werte und in drei Fällen sogar Mitarbeiter.

Welche Projekte gingen von Campact aus?

Anfang 2024 gab es durch die Recherche von Correctiv zum Potsdamer „Remigrationsgipfel“ eine große Protestwelle, bei der sich Campact selbst als „zentraler Motor“ verstand. Gemeint sei die Unterstützung verschiedener Organisationen bei der Planung, Vernetzung und Finanzierung.

Im Kleineren versuchte Campact erfolgreich, mehrere AfD-Landkreiskandidaten durch Plakate, Postkarten, Anzeigen und die Vernetzung demokratischer Parteien zu verhindern.

Im Kampf gegen den Rechtsextremismus wirkte Campact insbesondere durch das Drucken und Verteilen von Stickern, aber auch durch verschiedene Petitionen und Online-Kampagnen.

Neben dem Rechtsextremismus legte Campact seinen Fokus auf den Klimaschutz und das Thema soziale Gerechtigkeit. Beim Thema Verkehrspolitik unterstützen 230.000 Menschen einen Appell „gegen klimaschädliche Autobahnprojekte wie die A5 bei Frankfurt“. Im Transparenzbericht macht Campact hier aber auch eine Analyse, die auf viele Petitionen zutrifft: „Das Projekt hat seitdem allerdings an Schwung verloren.“

Bei der Petitionsplattform WeAct von Campact e. V. wurden 2024 1.779 Petitionen gestartet, 40 Prozent mehr als im Vorjahr, mit 6.651.962 Unterschriften.

Wo kommt das Geld her?

All diese Projekte kosten viel Geld, welches Campact 2024 aber auch hatte. Noch nie zuvor wurde so viel Geld an den Verein gespendet. Insgesamt sammelte er 24,6 Millionen Euro ein. Dazu kommen 4,3 Millionen Euro an Spenden für die Stiftung. In Summe ist das fast eine Verdopplung zu 2023, als der Verein 14,5 Millionen und die Stiftung 1,6 Millionen erhielten.

2024 erhielt der Verein das meiste Geld (57 Prozent) aus regelmäßigen Förderbeiträgen und den Rest aus zweckgebundenen und freien Spenden. Insgesamt förderten ihn 127.668 Menschen mit einem durchschnittlichen Monatsbeitrag von 10 Euro. Diese Schwarmfinanzierung sei „Ausdruck der breiten Unterstützung Hunderttausender“.

Der Transparenzbericht stellt außerdem fest: Es gibt keine staatliche Förderung, Partei- oder Konzernspenden. Unternehmensspenden seien pro Jahr und Unternehmen auf 5.000 Euro beschränkt. Dennoch haben der Stiftung fünf nicht näher beschriebene juristische Personen „5.000 Euro und mehr“ zugewendet. Der zugrundeliegende Jahresabschluss wird extern noch einmal auf Richtigkeit geprüft.

Wo ging das Geld hin?

Der Verein Campact e. V. habe 2024 22,8 Millionen Euro ausgegeben, die Stiftung knapp 3,7 Millionen. Durch die erhöhten monetären Möglichkeiten wurden besonders Kampagnen durch den Verein vermehrt gefördert. Insgesamt 12,83 Millionen Euro seien in Kampagnen und Projekte geflossen. Bei der Stiftung waren es knapp 2,8 Millionen Euro. Bei beiden Organisationen floss das mit Abstand meiste Geld in den Themenbereich „Für Demokratie – gegen Rechtsextremismus“.

Eine Auflistung im Transparenzbericht zeigt, welche Körperschaften Geld bekommen haben. Beim Verein sind das vor allem das Bündnis #aufstehen in Österreich mit 172.000 Euro, Declic in Rumänien mit 138.000 Euro, Sanktionsfrei e. V. mit 140.000 Euro und Zazim in Israel mit 100.000 Euro. Die Stiftung gab 300.000 Euro an die Amadeus-Antonio-Stiftung, 135.000 Euro an den Bund deutscher Pfadfinderinnen Landesverband M-V e. V. und 190.000 Euro an JWP MittenDrin e.V.

Campact e. V. beschreibt sich selbst als „grundsätzlich parteipolitisch neutral“, hat aber im Jahr 2024 mehrfach Parteien und Kan­di­da­t*in­nen demokratischer Parteien unterstützt. Das war einer der Kritikpunkte, der immer wieder von rechtskonservativen Akteuren erhoben wurde. Grund für die Entscheidung war laut Campact, dass die Auswirkungen einer zu starken AfD auf die Demokratie zu groß wären. Der Verein habe sich deshalb dazu entschieden, durch die Zusammenarbeit mit demokratischen Parteien „unsere Demokratie zu verteidigen“.

Das geschah durch „Werbemaßnahmen für die Parteien wie Postwurfsendungen und Online-Anzeigen in den sozialen Medien“, aber auch durch den sogenannten Bumerang-Fonds, der Parteien und Kan­di­da­t*in­nen unterstützt hat, die von rechtsextremen Angriffen betroffen waren.

Außerdem hat Campact e. V. „parteiübergreifend Kan­di­da­t*in­nen bei den ostdeutschen Landtagswahlen“ unterstützt, „um einen Machtgewinn der AfD und eine Sperrminorität der Partei zu verhindern.“


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