Transparenz statt Korruption: Potsdam wird transparent
Die brandenburgische Landeshauptstadt will Transparency International beitreten. Abgeordnete müssten dann ihre Jobs und Vereinstätigkeiten offenlegen.
Potsdam will als erste brandenburgische Stadt Mitglied bei Transparency International (TI) werden. Derzeit gebe es Gespräche zwischen der Stadt und dem Verband, bestätigt Jochen Bäumel, Vorstandsmitglied bei TI. Der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung, Peter Schüler (Grüne), sagt, er hoffe, dass der Beitritt in diesem Herbst abgeschlossen werden könne.
Damit will die Stadt Korruption erschweren. "Dazu gehören ein Arbeitskreis Korruption, ein Korruptionsbeauftragter und eine bestimmte Offenheit bei den Mandatsträgern", so Bäumel. So sollten die Abgeordneten ihre beruflichen und Vereinstätigkeiten veröffentlichen, damit mögliche Interessenkonflikte ans Licht kommen.
Das Aufnahmeverfahren fällt zusammen mit einem Vorfall in der Ausländerbehörde, der im Juni bekannt wurde. Ein Mitarbeiter soll hier über Jahre hinweg Aufenthaltsgenehmigungen gegen Geld ausgestellt haben. Derzeit ermittelt die Neuruppiner Staatsanwaltschaft. "In Zukunft sollte so etwas deutlich schwerer werden", sagt Schüler. "Mit Sicherheit verhindern lässt sich Korruption aber nie", stellt Bäumel klar. Es könnten nur Strukturen geschaffen werden, die Korruption schwieriger und damit unwahrscheinlicher machen.
"Derzeit wird ein Ehrenkodex diskutiert", ergänzt die stellvertretende Amtsleiterin des Rechnungsprüfungsamts und werdende Korruptionsbeauftragte Petra Rademacher. Der Kodex soll eines der zentralen Prinzipien der Korruptionsbekämpfung gewährleisten: Offenheit. Korruption heißt, dass zum Beispiel ein Mitarbeiter im Bauamt einer Firma, die ihm nahesteht, für eine Gegenleistung einen Auftrag vergibt, obwohl eine andere dieselbe Leistung günstiger oder besser erbringen würde. So entsteht nicht nur ein Vertrauensverlust beim Bürger, wenn der Vorfall ans Licht kommt, sondern auch ein finanzieller Schaden für die Verwaltung.
Dass die Abgeordneten ihre Tätigkeiten in Beruf und Vereinen offenlegen, ist daher zentral. Umstritten ist, wie es mit der Höhe der Einkünfte aussieht. "Wir haben schon den Wunsch, dass auch die Höhe offengelegt wird", sagt Rademacher. Das werde derzeit diskutiert, wie auch der Rest des Ehrenkodexes, an den sich nach dem Beitritt die Abgeordneten halten müssen.
Derweil haben zwei Stadtverordnete dem Ehrenkodex vorgegriffen und gegenüber regionalen Medien ihre Nebeneinkünfte offengelegt. SPD-Fraktionschef Mike Schubert und Pete Heuer von der Linkspartei gaben ihr Einkommen, ihre Aufwandsentschädigungen als Stadtverordnete sowie Tätigkeiten in Vereinen an. "Ich finde, das bin ich meinen Wählern schuldig", begründet Heuer den Vorstoß. Kritik, wie die von Rademacher, dass "Einzelaktionen" dem Prozess schaden könnten, sieht er gelassen. Dennoch plädiert Heuer nicht für eine verpflichtende Veröffentlichung der Einkommenshöhe, sondern für Freiwilligkeit. "Wer sein Einkommen nicht veröffentlichen will, muss das seinen Wählern erklären", sagt er. Auch laut Transparency muss die Höhe des Einkommens nicht unbedingt offengelegt werden. Das gelte allerdings nur, weil es sich bei der Stadtverordnetenversammlung um ein Parlament von Ehrenamtlichen handelt. "Da könnte die Hemmschwelle, sich zu betätigen, zu hoch werden", erklärt TI-Vorstandsmitglied Bäumel. Bei hauptamtlichen Parlamentariern wie Bundestagsabgeordneten oder auch bei Teilzeitparlamenten wie dem Berliner Abgeordnetenhaus sei eine Offenlegung des Einkommens allerdings sinnvoll.
"Hier hat auch Berlin noch Defizite", sagt Jochen Bäumel. Das zeige die Regelmäßigkeit, mit der es hier Untersuchungsausschüsse gebe. Als Beispiel nennt er den Spreedreieck-Untersuchungsausschuss, der zurzeit untersucht, wie es zu den Millionenverlusten im Rahmen des Verkaufs des Baugrundstücks Spreedreieck kam. Zudem sieht Bäumel Verbesserungsmöglichkeiten auf Bezirksebene. Dort müssten die Parlamentarier weder Einkommen noch berufliches oder außerberufliches Engagement veröffentlichen.
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