Transparenz in der Entwicklungspolitik: Mehr Kontrolle für Wohltäter
Die Regierung plant ein neutrales Institut, das Projekte in der Entwicklungsarbeit durchleuchten soll. Noch steht die Idee unter Finanzierungsvorbehalt.
BERLIN taz | Manchmal ist Entwicklungspolitik gut gemeint, aber schlecht gemacht - und keiner merkts. Denn deutsche Organisationen, die in aller Welt Hilfsprojekte betreiben, kontrollieren ihre Arbeit oft fragwürdig. "Es gibt einen großen Bedarf an unabhängiger Evaluation in der Entwicklungszusammenarbeit", sagt Reinhard Stockmann vom Centrum für Evaluation an der Universität des Saarlandes.
Das Entwicklungsministerium plant jetzt ein neues Institut, das mehr Transparenz schaffen soll. Rund 50 MitarbeiterInnen sollen in Zukunft Entwicklungsprojekte nach einheitlichen Kriterien durchleuchten und ans Ministerium berichten. Sitz des Instituts wäre Bonn.
Bisher läuft es so: Staatliche Organisationen wie die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit und die Kreditanstalt für Wiederaufbau, aber auch nichtstaatliche Organisationen wie Kirchen oder Caritas planen Projekte im Auftrag des Ministeriums. Sie evaluieren diese jedoch in Eigenregie: Manche beauftragen externe Gutachter mit einer Prüfung, manche lieber gleich Leute aus dem eigenen Haus. Die Ergebnisse sind - naturgemäß - oft wohlwollend.
"Der Auftraggeber des Gutachtens stellt die Fragen", sagt Evaluationsexperte Stockmann. "Und er kann zum Beispiel unbequeme Fragen weglassen." Eine Umfrage unter Mitgliedern der Gesellschaft für Evaluation habe ergeben, dass sich ein Großteil der Gutachter von ihren Auftraggebern in ihrer Unabhängigkeit beeinträchtigt fühlt.
Ein ranghoher Ministeriumsmitarbeiter sagt: "Was die Gutachter der durchführenden Organisationen liefern, ist nicht alles schlecht. Aber durch ein neutrales Institut bekommen wir mehr und objektivere Erkenntnisse." Zudem differenziere sich die Lage in Ländern immer stärker aus, die Situation in Schwellenländern habe sich dramatisch geändert. "Es ist nötig, differenziertere Instrumente der Entwicklungszusammenarbeit zu entwickeln", sagt der Mitarbeiter. Eine unabhängige Informationssammlung mache dies möglich.
Ob und wie der Plan umgesetzt wird, ist offen - er steht unter Finanzierungsvorbehalt. Grünen-Entwicklungsexpertin Ute Koczy steht der Idee aufgeschlossen gegenüber. "Eine unabhängige Prüfung ist unbedingt notwendig."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs