Transparenz bei Parteispenden: Deutschland kontrolliert zu lasch
Die Staatengruppe gegen Korruption des Europarates kritisiert Deutschland für seine lasche Kontrolle von Parteispenden. Vor allem in Wahlkampfzeiten leide die Transparenz.
BERLIN taz | Deutschlands Parteienfinanzierung ist wieder in der Kritik. Fortschritte bei der Transparenz der Parteienfinanzierung und der Bekämpfung von Korruption seien „allgemein unbefriedigend“. Zahlreiche Unzulänglichkeiten hätten nur „sehr begrenzte Aufmerksamkeit“ erfahren, schlussfolgert ein aktueller Bericht der Staatengruppe gegen Korruption des Europarates (Greco), der die Umsetzung von Empfehlungen des Europarats überprüft.
Über zwei Jahre alt sind die Empfehlungen. Doch ernsthaft um mehr Transparenz hat sich die Regierung seither nicht bemüht. Mit den Stimmen von CDU und FDP wurde im Innenausschuss lediglich eine kurze Stellungnahme an Greco verfasst, die viele Empfehlungen ignorierte.
Doch jetzt will Greco Fortschritte sehen. Bis zum 30. Juni soll Deutschland erklären, was es unternommen hat. Greco kritisiert vor allem die hiesige Praxis von Parteispenden in Wahlkampfzeiten. Während in anderen EU-Ländern solche Spenden umgehend veröffentlicht werden, dauert dies in Deutschland im Regelfall anderthalb Jahre. Nur Großspenden ab 50.000 Euro müssen sofort gemeldet werden. Die meisten Einzelspenden liegen deutlich darunter.
Dies zu reformieren, hat der Innenausschuss bisher abgelehnt. Das deutsche Modell habe die Transparenz der Parteienfinanzierung insgesamt und nicht speziell die Wahlkampffinanzierung im Blick, so die Begründung.
Die zuständigen Mitglieder des Innenausschusses von Union und FDP waren auf Anfrage nicht zu erreichen. Die Grünen würden gerade an einem Konzept dafür arbeiten, sagte Wolfgang Wieland, der für die Grünen im Ausschuss sitzt. „Die frühere Veröffentlichung von Rechenschaftsberichten ist definitiv erstrebenswert, insbesondere in Wahljahren“, so Wieland. „Hier gibt es den berechtigten Wunsch, zu erkennen, ob eine Partei durch die besondere finanzielle Hilfe einzelner Interessen in die Regierung kam.“
Die praktische Umsetzung für eine Erfassung der Spenden in der Wahlkampfzeit sei aber nicht leicht, da Kreis- und Landesverbände im Wesentlichen mit ehrenamtlichen Schatzmeistern arbeiten würden. „Ein langwieriger und komplizierter Prozess.“, so Wieland.
Dabei wird vor allem vor Wahlen gespendet: 2009 erhielt die CDU fast 15 Millionen Euro Spenden durch juristische Personen. Ein Jahr später waren es nur noch 6,1 Millionen. „Wenn diese Spenden erst später veröffentlicht werden, lässt sich nicht mehr nachvollziehen, in welchem Kontext das Geld geflossen ist und ob damit ein Wahlversprechen zusammenhängt“, sagte Timo Lange von Lobbycontrol der taz.
Als „sehr bedenklich“ wird von Greco auch die Kontrolle der Spenden in der Bundestagsverwaltung eingeschätzt. Das zuständige Referat PM 3 mit zehn Mitarbeitern verfüge „im Vergleich zu den Aufsichtsorganen in anderen Ländern nicht über ausreichend Mitarbeiter und Befugnisse, um die Finanzierung politischer Parteien angemessen zu überwachen“, so der Bericht. Auch habe das Referat keinen direkten Zugang zu Originaldokumenten. Und Spenden unter 10.000 Euro müssen ihm gar nicht erst gemeldet werden.
Wie einfach diese Grenze genutzt werden kann, zeigte sich jüngst bei Heckler & Koch: Der Waffenhersteller hat seit 2002 insgesamt 93.000 Euro gespendet, 70.000 davon an die CDU. Er tat das immer in Beträgen, die unterhalb die Veröffentlichungsgrenze von 10.000 Euro Euro lagen.
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