: Tragisch, leicht, luftig
■ „Neue Stücke für Jugendliche“: Thorsten Wilrodts lila auf Kampnagel
Sparsames Licht, leise Musik, eine nackte Steinwand, ein Einkaufswagen voller Bierdosen, drei Darsteller: Das Stück lila von Thorsten Wilrodt, das dieses Wochende in der Reihe „Neue Stücke für Jugendliche“ auf Kampnagel gespielt wird, kann eigentlich überall aufgeführt werden. Und das soll auch so sein, denn Wilrodt (32) der als Autor, Regisseur, Komponist und Schauspieler, derzeit am Thalia Theater, tätig ist, mag Inszenierungen, die aufs Nötigste reduziert sind: „Die Mittel des Theaters sollen nicht sichtbar sein.“ Ihn interessieren keine Effekte, sondern Schlichtheit, und gegen platte Unterhaltung setzt er Texte mit Anspruch, die von Psychofolter, Machtmissbrauch und Armut handeln, die provozieren, aber auch unterhaltsam sein sollen.
So geschieht es auch bei lila, seinem Werk über eine sich bietende Chance, die nicht ergriffen wird. „Lila“ ist ein Begriff aus dem Sanskrit, der für das Hin- und Herschwingen steht, der das Luftige, Leichte, Mühelose des Spiels ausdrückt. Daran hat der französische Autor, der das Buch Lila dit ça (Lila sagt) unter dem Pseudonym Chimo geschrieben hat, sicherlich gedacht, denn seine Romanfigur gleichen Namens trägt ähnliche Charaktereigenschaften.
Als Wilrodt das Buch in die Hände bekam, verliebte er sich gleich in die Geschichte und die Sprache, mit der darin ein 19-jähriger Araber von seiner Liebe zu der 16-jährigen Lila erzählt, die tragisch endet. Wilrodt begann, parallel dazu einen Theatertext zu schreiben, dessen Handlung dort beginnt, wo das Buch von Chimo aufhört.
Bei Wilrodt handelt das Stück von den drei jungen Männern Bobo, Chico und Gordo, die in einem Vorstadtghetto leben. Ihre trostlose Existenz bekommt einen Hauch von Glanz, als die junge, schöne Lila in ihr Leben tritt, doch auch dies endet in einer Katastrophe. Nur soviel: Die jungen Männer treffen sich, trinken Bier und erzählen von ihrer Liebe zu Lila. Und das tun sie mal mehr, mal weniger drastisch und farbvoll. Mit den Schauspielern Marko Gebbert, Jörg Kleemann und Felix Ströbel hat er einen sehr guten Fang gemacht: Gebbert brilliert als fröhlicher Proll Chico, Kleemann als kernig-sensibler Bobo und Ströbel als verträumter Gordo. Zusammen mit der Regieassistentin Doris Anselm feilten die fünf bereits im letzten Sommer an dem Text und spielten das damals noch auf vier Rollen angelegte Werk bei vier Werkstattaufführungen auf Kampnagel.
Wilrodt, der sich nicht als klassischer Theaterregisseur empfindet, sondern sich irgendwo zwischen Performance und Theater verortet, will, dass die Schauspieler viel Persönliches in die Rollen mit einflie-ßen lassen und lässt ihnen entsprechende Freiheiten. Die Zusammenarbeit ist gut, und Wilrodt will auf jeden Fall weiter mit diesem Team arbeiten. Leider hat das ganze einen Haken: lila verfügt über keinerlei finanzielle Mittel „Es ist toll, vollkommen frei arbeiten zu können. Niemand kann einem reinreden. Andererseits müssen wir natürlich auch von irgendwas leben.“ Und (nicht nur) deshalb wird lila demnächst auch in der Toastbar (Wohlwillstraße) aufgeführt .
Wilrodt selbst hat inzwischen einen Verlag gefunden, der sein Stück herausbringen wird, und denkt bereits daran, einen zweiten und dritten Teil zu verfassen. Der zweite Teil soll ganz der Frau gewidmet sein: es soll eine Art Solo für Lila werden. Barbara Schulz
Freitag, 26. sowie Sonnabend, 27.April, 19 Uhr, Kampnagel (k4)
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