piwik no script img

Tourismus-MesseUrlauber mögen eben keine Politik

Die Internationale Tourismus-Börse in den Messehallen unterm Funkturm hat in diesem Jahr Ägypten zum Partnerland. Die Arabische Revolution sucht man zwischen den Messeständen allerdings vergeblich

Touristen bitte wegsehen - Demonstrierende in Kairo feiern den Jahrestag des Rücktritts von Mubarak am 11. Februar 2012 Bild: dapd

Tourismus-Messen sind auf Klischees spezialisiert. Und darauf, Politik draußen zu halten. Glaubt man der Darstellung, die die Länder von sich auf der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) geben, die am Mittwoch begonnen hat, laufen in Deutschland die meisten Frauen in Tracht herum. In Afrika leben vor allem Löwen und Zebras. Und in Ägypten hat es nie eine Revolution gegeben.

Ägypten ist dieses Jahr offizieller Partner der ITB. Dort hat im letzten Jahr eine Revolution stattgefunden, die die ganze Region bis heute erschüttert und den Kairoer Tahrirplatz weltberühmt gemacht hat. Zu sehen oder zu lesen ist davon auf der ITB nichts. Nebenan präsentieren sich mit großem Pomp die Arabischen Emirate, im Bereich Israel herrscht ausgelassene Stimmung. Beim ITB-Partner Ägypten beschränkt sich die Ausstellung auf Reihen von Tischen, an denen sich luxuriöse Urlaubsressorts am Roten Meer präsentieren. Die orientalische Lounge, wo Folklore-Aufführungen stattfinden, ist mittags noch verwaist. Bilder vom Tahrirplatz? Fehlanzeige. In den Broschüren des ägyptischen Fremdenverkehrsamts endet die Geschichte Ägyptens in der Antike. Und auf der ITB-Website wird zur Geschichte Ägyptens nur eine „Revolution“ genannt: der Putsch von 1952, mit dem das Militär an die wirtschaftliche und politische Macht kam. Seit dem Rücktritt Mubaraks herrscht es auch offiziell.

„Für den Tourismus spielt Politik normalerweise keine große Rolle“, entschuldigt das Hilke Saathoff von der Werbeagentur Powerbroker, die das ägyptische Fremdenverkehrsamt vertritt. Ja, 2011 sei das anders gewesen, da wurde sogar ein Film über die Revolution gezeigt. Und natürlich, so Saathoff, fragten die Besucher. Besonders glücklich ist sie darüber nicht, das sieht man ihr an. Die Touristen, sagt sie, hätten sich 30 Jahre lang nicht dafür interessiert, dass Ägypten eine Diktatur war. „Dafür jetzt, wo es auf dem Weg zur Demokratie ist.“

Auf dem Weg zur Demokratie? Die Bilder von Soldaten, die Demonstrierende verprügeln, haben diesen Eindruck nicht gerade gestärkt. Und auch auf der ITB bleibt der Eindruck, dass das Tourismusministerium in Kairo jede Erwähnung der im Ausland doch so positiv besetzten Revolution vermeidet, weil es lieber nicht daran erinnern will, dass in Ägypten immer noch die Militärs herrschen, die gerade dabei sind, die Reste der Revolutionsbewegung zu zerschlagen. Und die dem Tourismus mit Kampagnen gegen ausländische „Spione“, die das Land angeblich in Chaos stürzen wollen, wirklich keinen Gefallen tun.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 / 
  • X
    xonra

    "Der Böse ist gegangen, die Bösen sind geblieben". das trifft besonders auf die im Tourismus etablierten Kreise in Ägypten zu.