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Tour de France unter NaturschutzUnter Stramplern

Das Publikum liebt die Frankreich-Rundfahrt, trotz der Glaubwürdigkeitskrise im Radsport. Weil es eben die Tour de France ist. Pannen stören da nicht.

Sechste Tour-Etappe: von Aix-en-Provence nach Montpellier. Bild: ap

MARSEILLE taz | Die Tour de France 2013 ging erst in Nizza los. Dieser Meinung waren jedenfalls ein französischer Polizist und ein Trucker, der im Begriff war, das Zielbanner, welches in Korsika das Sturzchaos ausgelöst hatte, zusammengefaltet zum nächsten Zielort zu transportieren.

Trotz aller offizieller Feierei – „ein exzellenter Grand Depart“ sagt etwa Torchef Christian Prudhomme – sind sich Fahrer, Betreuer, Journalisten und Tourangestellte doch recht einig, dass die logistischen Probleme auf der Insel so viel Kraft gekostet hätten wie eine komplette Tour. „Immerhin ist weniger passiert, als man befürchten musste“, sagte Cannondales Teamchef Roberto Amadio – und kreuzte gleich die Finger, um ein böses Omen zu vertreiben.

Auch der Zuspruch am Straßenrand war auf Korsika geringer. Zwar waren die, die zu den Etappen kamen, stark enthusiasmiert. Doch die Reihen der Begeisterten waren dünner gesät als üblich. In 3er, 4er, 5er-Reihen hingegen standen die Menschen, als die 100. Tour durch die Provence rollte. Auf Korsika vermisste Feierutensilien wie gelb gepinselte Räder – auf der Insel wandert man oder zeigt PS in bulligen Geländewagen – waren wieder an Hausfassaden und im Zentrum von Kreisverkehren angebracht. Bauern hatten ihre Traktoren an die Straße gefahren und geschmückt, sogar die Feuerwehr rückte mit blitzblank gewienerten und Girlanden verzierten Löschfahrzeugen an.

Die Tour löst ungebrochene Begeisterung aus. 12 bis 15 Millionen Menschen werden auch in diesem Jahr am Straßenrand erwartet. Das ist eine stolze Zahl. In einen längeren Zeitraum betrachtet, wie dies der frühere Tourarzt und spätere Dopinggegner Jean-Pierre de Mondenard unternahm, ist diese Zahl aber gar nicht mehr so stolz.

„Seit den 50er Jahren schätzt man die Anzahl der Zuschauer jeden Sommer auf 15 Millionen. Wenn man aber die Einwohnerzahl Frankreichs jener Jahre (42,6 Millionen Einwohner) mit der heutigen (63,7 Millionen) vergleicht, dann muss man sagen, dass der Anteil der Franzosen, die sich für die Tour de France interessieren, zurückgeht“, schreibt Mondenard in seinem zur 100. Tour herausgebrachten Buch „Les grandes premières du Tour de France“.

Mittelfristiger Verabschiedungstrend

Weil mittlerweile laut Schätzungen der Tourorganisatoren ASO ein Fünftel der Tourbegeisterten an der Strecke aus dem Ausland kommt, was in den 50er Jahren eher nicht der Fall gewesen sein dürfte, befinden sich die Franzosen also in einem mittelfristigen Tourverabschiedungstrend.

Noch stört das die Sponsoren nicht. Sie freuen sich über einen Turn of Investment von 5:1 – die wichtigsten 325 Radsportsponsoren erreichten im vergangenen Jahr für jeden eingesetzten Euro im Schnitt deren fünf in Werbewerten durch die Berichterstattung über Radrennen. Insgesamt 2,1 Milliarden Dollar machte dies aus. Das ergab eine Marketingstudie des Branchendienst Cyclingnews. 80 Prozent der Werbewerte werden dabei bei der Tour de France erzielt. Das Rennen, dessen eigener Umsatz bei ca. 140 Millionen Euro liegt, ist der Motor für die gesamte Radsport-Entertainment-Industrie.

Neusponsor Belkin – die kalifornische Firma übernahm kurz vor der Tour den ehemaligen Rabobank-Rennstall – ließ denn auch hoffnungsvoll verbreiten: „Die Verbindung unserer Marke mit diesem erfolgreichen, gut aufgebauten Team ermöglicht es uns, Millionen Menschen in der ganzen Welt zu erreichen und mit ihnen zu interagieren.“

Wechselgerüchte

Die Interaktion findet aber nur statt, wenn da noch jemand zum Interagieren ist. Laut einer Umfrage unter französischen Fernsehzuschauern wollen zwei Drittel der potenziellen Tourgucker bei weiteren massiven Dopingnachrichten im Sommer auf andere Kanäle wechseln.

Als Maßnahme gegen solche Fluchtimpulse darf man werten, dass die Antidopingkommission des französischen Senats ihren Bericht über die Dopingpraktiken bei der Skandaltour im Jahre 1998 nun doch erst nach Beendigung der 100. Tour vorstellen will. Spannung löst vor allem der Anhang des Berichts aus. Dort sollen die Namen der Fahrer genannt werden, denen die 44 Urinproben zugeordnet werden, in denen bei Nachkontrollen im Jahre 2004 Spuren von Epo gefunden worden waren. Ursprünglich hatte die Kommission die Veröffentlichung für den 18. Juli, also dem Tag der Königsetappe nach L’Alpe d’Huez, avisiert, aber daraus wird nun nichts.

Die Tour de France ist bei der 100. Ausgabe offenbar zu einem schützenswerten Ereignis mutiert. Mal sehen, wann der Antrag auf Aufnahme ins Weltkulturerbe der Unesco kommt.

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3 Kommentare

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  • A
    anonym

    Ich weiß ja nicht, wer diesen Artikel geschrieben hat, aber es gibt keinen 'Turn of Investment' - es müsste richtig heißen 'Return on Investment (ROI)'

  • SG
    Schmidt Georg

    heute in der taz Printausgabe- Nonnen begaffen den engl Radfahrer yx.............naja, unter begaffen stell ich mir was anderes vor!??

  • SG
    Schmidt Georg

    für mich sind Radrennfahrer, die Einzigen, neben den Tennisspielern, die echte leistungen bringen, ob gedopt oder nicht, egal bei welchem Wetter sich 4-6 Stunden in den Sattel zu setzen, steile Pässe zu erklimmen, nach Stürzen wieder auf Rad zu schwingen, wenn ich das die Weicheier von Fussballstars anschau, die von 90min Spiel, gerade mal 40min etwas Aktion auf dem Spielfeld zeigen und dafür horrendes Geld kassieren, dagegen sind die Wasserräger der Radfahrer, ganz einfache Würstchen-ein FUssballstar fällt nach 50km bei Tempe 45 vom Fahrrad, wo andere sich sich gearde warm gefahren haben !