: Topographie der Geschichten
■ Die Schale als Kern: Die Stiftung Deutsche Buchkunst stellt die 50 bestgestalteten Bücher des vergangenen Jahres aus
Ein Buch ist ein Buch ist nicht wie jedes andere. Durch Form und Gestaltung kann daraus ein ästhetisches Erlebnis werden. „Schön“ ist ein Buch dann, wenn die Elemente der Typografie, Grafik, Papier und Einband eine Einheit eingehen, die den Inhalt anschaulich transportiert. Die Stiftung Buchkunst beurteilt diese Qualitäten im Verhältnis zu Zweck, Auflagenhöhe und Preis des Buches und prämiert seit einigen Jahrzehnten jedes Jahr die 50 schönsten deutschen Bücher, die jetzt am Rathausmarkt ausgestellt werden. Es erstaunt, daß die schön gestalteten Bücher gar nicht teurer sind als ungestylte und daß sich schon ein geringer Aufwand lohnt.
In der Sparte „Allgemeine Literatur“ etwa ziert den Umschlag von Georg Kleins Roman Libidissi eine gezeichnete Landkarte, von der daumennagelgroße Ausschnitte den einzelnen Kapiteln vorangestellt sind. Am Ende lassen sich diese Puzzleteile genauso zur Topographie einer Landschaft zusammenfügen, wie die Geschichte ihre Gestalt vollendet hat. Aufwendiger gemacht ist Ein Besuch beim Traumbuchhändler von Alberto Manguel. Der Autor erzählt, wie er als Kind in einem Antiquariat die Weltliteratur als einen kostbaren Schatz entdeckt. Entsprechend zeigt das Buch 13 Alphabete der Erde, die als schmaler grafischer Streifen den Text flankieren.
Während heute die meisten Bücher am Macintosh getippt werden, gibt es doch Ausnahmen, die noch im traditionellen Bleisatz des Monotype-Verfahrens gesetzt sind. Der C.H. Beck-Verlag edierte so Macchiavellis Das Leben Castruccio Castracanis aus Lucca, das wenige Jahrzehnte nach Erfindung des Buchdrucks geschrieben wurde. Unter den Fachbüchern zeichnet sich eine Operationslehre durch detailreiche Fotos aus, die durch ein Endoskop gemacht sind. Auch die Papiersorte sei hervorgehoben: hochglänzend und abwischbar. Auch eine Qualität.
Bücher wegen ihrer Erscheinung und nicht wegen des Inhalts zu betrachten, gibt es noch bis zum 27. Februar Gelegenheit.
Gyde Cold
Geschäftsstelle des Hamburger Abendblattes, Rathausmarkt 10
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