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Tony Blair verliert wieder einen Freund

Paddy Ashdown, Labour-freundlicher Führer der britischen Liberaldemokraten, kündigt seinen Rücktritt an. Sein erfolgloser Schmusekurs mit New Labour mißfiel in letzter Zeit der eigenen Partei zusehends  ■ Von Dominic Johnson

Berlin (taz) – In der britischen Parteipolitik bahnen sich grundlegende Veränderungen an. Paddy Ashdown, Führer der Liberaldemokraten und einer der eifrigsten Verfechter der Zusammenarbeit zwischen seiner Partei und der regierenden Labour-Partei, kündigte am Mittwoch abend seinen Rücktritt nach den Kommunal- und Europawahlen im Mai und Juni an. „Die Aufgaben, die ich für die Partei erledigen wollte, nähern sich jetzt der Vollendung“, schrieb er im Rücktrittsbrief.

Die Entscheidung will er schon vor langer Zeit getroffen haben. Daß Presseberichten zufolge Labour-Premierminister Tony Blair schon seit längerem davon wußte, während die eigene Parteibasis es erst jetzt erfuhr, wirft ein bezeichnendes Licht darauf, in was für eine Sackgasse sich Ashdown in der letzten Zeit manövriert hat. Er hat seine Partei in eine Position gesteuert, die New Labour aus einer linksliberalen und europhilen Position kritisiert und zugleich unterstützt. Die sogenannte konstruktive Opposition brachte den Liberaldemokraten Sitze in Labour- Arbeitsgruppen ein und führte zur förmlichen Zusammenarbeit auf Gebieten wie der Europa- und Verteidigungspolitik.

Er habe die Partei „von einer Protestpartei in eine Machtpartei“ verwandelt, lobte sich Ashdown gestern. Dies mißfällt aber vielen Parteiaktivisten, die ihr Profil in Anti-Labour-Wahlkämpfen geschärft haben. Die Liberaldemokraten sind eine Mischung aus Basisaktivisten, die in Deutschland eher Grüne wären, und Technokraten, die das britische System radikal ändern möchten.

Ashdowns Hoffnungen, mit seinem Schmusekurs liberale Ideen in Tony Blairs New Labour einzuschmuggeln, haben sich kaum erfüllt. Weil Labour die wichtigste liberale Forderung – die Einführung des Verhältniswahlrechts – ablehnt, zirkulierten schon beim letzten liberalen Parteitag im September 1998 parteiintern Putschgerüchte gegen Ashdown. Auch bei Labour wird die Blair-Ashdown- Koalition immer mehr kritisiert, zumal Labour im Parlament eine satte absolute Mehrheit hat. Die Labour-Linke hält die Liberalen für bürgerliche Verräter, und auf dem Labour-Parteitag 1998 stellte erstmals auch die gewerkschaftsnahe Labour-Rechte erzürnt fest, New Labour stünde wohl den Liberalen näher als den Gewerkschaften.

Mit dem Rücktritt des Handelsministers und New-Labour-Chefideologen Peter Mandelson kurz vor Weihnachten verlor die Regierung ihren prominentesten Befürworter der parteiübergreifenden Zusammenarbeit. Für das New- Labour-Lager bedeutet Ashdowns Abgang nun eine weitere Schwächung. Bei Labour und Liberaldemokraten haben jetzt Kräfte Auftrieb, die auf die ursprüngliche Identität ihrer Parteien setzen.

Als Favoriten für Ashdowns Nachfolge werden zwei Labour- Hasser gehandelt: der Schotte Charles Kennedy und der Londoner Parlamentarier Simon Hughes. Vor allem Hughes steht für den kulturellen Unterschied zwischen Labour und Liberalen: Er gilt als radikaler Verfechter der Bürgerrechte, gewann aber seinen Südlondoner Wahlkreis Bermondsey 1983 mit einer homophoben Kampagne gegen seinen schwulen Labour-Gegenkandidaten und hielt ihn 1997 mit populistischen Attacken gegen die angeblich zu immigrantenfreundliche Labour-Bezirksratsbürokratie.

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