■ Scheibengericht: Tome XX
She Could Do Nothing By Halves (JazzHausMusik JHM 84)
Ihre Musik ist ein einziges Paradox. Die Kölner Formation Tome XX ist eine Jazzcombo, die kaum improvisiert, ein Instrumentalensemble, das hauptsächlich Songs spielt, und eine Popband, die rein akustisch musiziert. Doch inszeniert das Quartett Originalität nicht als Selbstzweck, sondern tastet sich vorsichtig an eine spezifisch europäische Ausdrucksweise heran, die auf der Höhe der Zeit ist und irgendwo zwischen E und U liegt. Mit Abgrenzungen hält man sich zurück. Auch amerikanischen Vorbildern wie Stan Getz, Ornette Coleman oder Prince wird Tribut gezollt, indem man deren Impulse im Echoraum der vielfältigen europäischen Traditionen widerhallen läßt.
So entstehen Stücke, die nicht verkopft, aber durchdacht wirken, weil sie auf klaren Ideen basieren, die konzentriert entwickelt und kompakt präsentiert werden. Stilpartikel dienen als Bausteine, die aus ihrem vertrauten Kontext gelöst und in andere Zusammenhänge gestellt werden. Die Verschränkung der vier Instrumentalstimmen (Saxophon, Trompete, Baß und Schlagzeug) trägt ein übriges zur Komplexität der musikalischen Struktur bei, die dennoch auf ausgeklügelte Weise stimmig ist. Eine intensive Musikalität, gewürzt mit Humor und kräftigen Groove-Rhythmen, sorgt dafür, daß die Rationalität nicht in Kühle erstarrt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen