Tokios Bewerbung für Olympia 2016: Ein Putztuch für den Planeten

Tokio will die Olympischen Spiele 2016 und setzt dabei auf eine Bewerbung, die radikal ökologisch ausgerichtet ist und nicht weniger verspricht als die Rettung der Welt.

Verbeugung für Olympia: Der Chef des Bewerbungskomitees, Ichiro Kono, bei der Vorstellung der Tokioter Bewerbung in Lausanne. Bild: dpa

TOKIO taz | Koji Murofushi ist ein Olympionike ganz nach dem Geschmack des japanischen Olympia-Komitees: Als der Goldmedaillengewinner im Hammerwerfen von Athen vom Tod jenes Mannes hörte, der seit 1964 die Fackel im alten Tokioter Olympiastadion ehrenamtlich gereinigt hatte, übernahm der Sportler die Aufgabe ungefragt selbst. Seit letztem Jahr bringt Murofushi das Metall der Fackel auf dem Stadiondach mit dem Putztuch zum Glänzen. "Es ist eine Ehre, diese Tradition am Leben zu erhalten", begründete Murofushi sein Engagement.

Zugleich verkörpert der Hammerwerfer damit Tokios ökologische Bewerbungsstrategie: Die Spiele von 2016, die am Freitag beim IOC-Kongress in Kopenhagen vergeben werden, sollen die "grünsten, kompaktesten und nachhaltigsten" aller Zeiten werden und dadurch die "beste Bühne für Helden" wie Murofushi bieten. "Wir machen Spiele, die den Planeten retten", formuliert es Tokios Gouverneur Shintaro Ishihara etwas großmäulig - was eben nicht nur bedeutet, dass 97 Prozent der Sportstätten in einem Radius von acht Kilometern liegen und mit dem effizientesten Nahverkehrsnetz der Welt schnell zu erreichen sind.

Dafür ist Recycling angesagt: 23 von 34 erforderlichen Arenen, Hallen und Stadien wurden bereits für die Olympischen Spiele von 1964 gebaut, die den Kriegsverlierer Japan zurück in die Weltgemeinschaft holten. Davon sind 15 Sportstätten so gut erhalten, dass sie nach IOC-Einschätzung ohne zusätzlichen Bauaufwand nutzbar wären. Elf Anlagen werden nur gebaut, falls Tokio den Zuschlag bekommt.

Bis zu den Spielen werde Tokio seinen Ausstoß an Treibhausgasen so verringern, dass die Klimabelastung durch Olympiabauten, Verkehr und Betrieb ausgeglichen wird, etwa durch mehr Solaranlagen, Energiesparlampen und Elektrofahrzeugen. "Das Konzept von Tokio ist einzigartig, weil es die Umweltbelastung reduziert", betonte ein Sprecher der japanischen Regierung.

Für das Internationale Olympische Komitee wäre eine solche "Wiederverwertung" aber als alleinige Motivation wohl nicht sexy genug. In ihrem Bewertungsbericht verlangten die IOC-Erkunder bereits Neubauten: Einzelne Anlagen seien nicht modern genug. Beeindruckend spektakulär sind aber die zwei künstlichen Inseln in der Bucht von Tokio, auf denen das neue Olympiastadion und das Olympische Dorf entstehen sollen.

Die Inseln werden auf Abfall gebaut, begrünt und zur Olympia-Zeit im August, wenn es in Tokio heiß und feucht wird, von einer Meeresbrise gekühlt. Über baumbestandene Alleen sind sie mit dem Festland verbunden.

Dazu kommen 1.000 Hektar neues Grün im Stadtgebiet. Alle Flächen seien bereits im Besitz der Stadt und 4 Milliarden Dollar für die Infrastrukturkosten "in der Bank", betont Ichiro Kono, Chef des Bewerbungskomitees. Kein Wunder: Die Wirtschaftsleistung der Stadt Tokio ist doppelt so hoch wie die der Schweiz.

Der Enthusiasmus in Tokio bekam einen kleinen Dämpfer, als der IOC-Erkundungsbericht die öffentliche Unterstützung für Olympia von 56 Prozent als "schwach" kritisierte. Aber seit dieser IOC-Umfrage vom Februar stieg die Zustimmungsrate zuletzt auf rund 80 Prozent. Daran sollte die Bewerbung also nicht scheitern.

Eher könnte der Umstand, dass das IOC nur acht Jahre nach Peking Olympia nicht schon wieder nach Ostasien vergeben will, Tokio den Weg verbauen. Für 2020 wäre Tokios Chance wohl größer. Und hoffentlich erinnern sich die IOC-Delegierten nicht an den Bruch des Versprechens von Nagano. Die japanische Stadt hatte 1991 zugesagt, die Anreisekosten für alle Athleten der Winterspiele 1998 zu übernehmen. Dann ging Japan das Geld aus. Am Ende erhielt nur eine begrenzte Zahl von Sportlern einen Reisezuschuss von eintausend Dollar.

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