Todesstrafe in den USA: Giftspritze trotz Protest
Wieder ist in Texas ein Mexikaner hingerichtet worden, dem der in der Wiener Konvention verbriefte konsularische Beistand verweigert worden war.
BERLIN taz | Um 21.32 Uhr wurde Edgar Arias Tamayo für tot erklärt. Der 46j-ährige Mexikaner starb am Mittwochabend in Texas, im Gefängnis von Huntsville, wo ihm seine Henker eine Giftspritze gesetzt hatten. Gegen seine Hinrichtung hatte Mexikos Regierung Protest eingelegt. Auch US-Außenminister John Kerry hatte vor der Hinrichtung gewarnt. Stunden vor der Hinrichtung hatte der Oberste Gerichtshof erneut einen Eilantrag Tamayos abgelehnt.
Tamayo, der 1994 wegen der Ermordung eines Polizisten zum Tode verurteilt worden war, war niemals über das in der Wiener Konsularrechtskonvention verbriefte Recht eines Ausländers aufgeklärt worden, im Falle strafrechtlicher Ermittlungen um konsularischen Beistand nachzusuchen. Das hatte sowohl die US-Regierung als auch der Staat Texas offen zugegeben, als der Internationale Gerichtshof in Den Haag die USA 2004 dazu verurteilte, insgesamt 51 Fälle von in US-Todestrakten einsitzenden Mexikanern wegen der Verletzung dieses – als Menschenrecht einzustufenden – Rechts neu aufzurollen.
Die US-Regierung hatte den Spruch als bindend akzeptiert. Der damalige US-Präsident George W. Bush hatte eine Neuauflage der Prozesse angeordnet – doch dagegen zog der Bundesstaat Texas vor den Obersten Gerichtshof der USA.
2008 bekam Texas von der konservativen Richtermehrheit Recht: Solange es kein Gesetz gebe, das die internationalen Verpflichtungen der USA in nationales Strafrecht umsetze, gelte eben texanisches Recht. Ein entsprechender Gesetzesentwurf liegt zwar seit Jahren im US-Senat – verabschiedet ist er bis heute nicht. Ein neues Verfahren für Tamayo und die anderen lehnte Texas ab.
Tamayo, der jetzt gestorben ist, war 1994 bei einem Raubüberfall von der Polizei gefasst, aber offenbar nicht gründlich durchsucht worden. Auf dem Rücksitz eines Polizeiwagens, der ihn zur Wache bringen sollte, zog er eine in der Hose versteckte Pistole, erschoss von hinten den 24-jährigen Polizisten Guy Gaddis, der am Steuer des Wagens saß, und entkam zu Fuß. Wenige Häuserblocks weiter wurde er erneut gefasst, noch in Handschellen.
Am Tathergang gibt es keine Zweifel, am Strafmaß schon. Hätte Tamayo, argumentierten sowohl seine Anwälte als auch der Internationale Gerichtshof, bei seinem damaligen Verfahren konsularischen Beistand und entsprechende anwaltliche Vertretung erhalten, wären die Umstände der Tat womöglich anders bewertet und nicht auf Todesstrafe entschieden worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund