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Tod von 60 Flüchtlingen im MittelmeerEuroparat fordert Aufklärung

Die EU-Mitgliedstaaten sollen erklären, warum sie im März 2011 einem Flüchtlingsboot aus Libyen nicht zur Hilfe kamen. Vor allem Spanien und Italien sind gefragt.

Immer wieder sterben Flüchtlinge auf der Überfahrt von Nordafrika nach Europa. Bild: dapd

BRÜSSEL taz | Das Europäische Parlament soll bei den EU-Mitgliedstaaten Informationen einfordern, um die Schuldfrage am Tod von 60 Flüchtlingen im Mittelmeer im März 2011 zu klären. Dies verlangte die niederländische Senatorin Tineke Strik im Auftrag des Europarates. Sie hatte für die Menschenrechtsorganisation aus Straßburg untersucht, was damals im Mittelmeer passiert war.

Nun hat sie ihre Ergebnisse den EU-Abgeordneten in Brüssel präsentiert und sie aufgefordert, bei der Aufklärung des Dramas zu helfen: „Wir müssen endlich wissen, welche Länder damals Militärboote in der Nähe hatten und welche Schiffe keine Hilfe geleistet haben trotz der Notrufe der Flüchtlinge. Bisher haben wir darauf keine befriedigenden Antworten von den EU-Regierungen bekommen. Sie müssen uns dabei helfen“, bat sie die Parlamentarier. Außerdem setzte sie sich für ein Protokoll für den Mittelmeerraum ein, das den Umgang mit Flüchtlingen umfassend regeln soll.

Zumindest ein italienischer Abgeordneter, Rosario Crocetta reagierte prompt. Er versprach, das Dossier der italienischen Staatsanwaltschaft vorzulegen. „Es darf nicht sein, dass solche Verbrechen nicht bestraft werden“, sagte der Sozialdemokrat.

Ende März 2011 war ein Boot mit 72 Flüchtlingen in Tripolis gestartet mit dem Ziel Lampedusa. Dort kamen die Menschen aus Eritrea, Äthiopien und anderen afrikanischen Ländern aber nie an. Ihre Notrufe wurden zwar in Italien registriert, aber weder zivile noch militärische Schiffe, die nach Informationen des Europarates in der Nähe waren, kamen den Flüchtlingen zur Hilfe. Schließlich trieb das Boot nach 15 Tagen zurück an die libysche Küste. 60 Flüchtlinge waren in der Zwischenzeit elendig gestorben.

Vorwürfe macht die Berichterstatterin Tineke Strik vor allem Spanien und Italien. Die italienische Seenotrettung habe zwar Notrufe für das Flüchtlingsboot abgesetzt, sich aber geweigert, die Koordinierung der Rettung zu übernehmen. Aus Spanien war nach den Informationen des Europarats ein Militärboot nur elf Meilen entfernt und hat nicht geholfen.

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2 Kommentare

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  • D
    Demokrat

    Italien und Spanien haben im Sinne der Bevölkerung gehandelt. Ich finde das absolut vorbildlich. Die SteuerzahlerInnen in Europa müssen schon genug bezahlen. Da können die nicht auch noch für die IllegalInnen aufkommen!

  • H
    Humbug

    Der Europarat kostet zu viel Geld, darum ist auch weniger Geld für Flüchtlinge da! Generell die Hybris abbauen-, dann ist auch wieder mehr Geld da. Diejenigen die ständig über die Unzulänglichkeiten anderer meckern-, die braucht man am wenigsten. Der Europa-Rat sollte mal die EU- Kommission fragen, was der sich bei den Energie-Sparlampen gedacht hat. Einst ist gewiss: die Akademiker richten die Welt zugrunde.