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„Tiger im Käfig“

■ Li Peng besichtigt Shenzhener Börse

Berlin (taz) – „Es ist wahr, Li Peng war am Montag hier und hat die Börse besichtigt.“ So ein örtlicher chinesischer Broker zur Nachrichtenagentur Reuters. Wie heiß das Thema „Aktien“ in China nach wie vor ist, geht daraus hervor, daß der Besuch nicht öffentlich gemacht wurde. Am Sonntag allerdings publizierte die amtliche China Daily einen Kommentar, in dem der Wertpapiermarkt „als eines der wichtigsten Mittel zur Reform der Wirtschaft“ bezeichnet wurde. Li Pengs Besuch in Shenzhen ist Anzeichen dafür, daß die Barrieren, denen bislang der Handel mit Aktien unterlag, jetzt abgebaut werden. Zu den bisherigen Börsen in Shenzhen und Shanghai soll bald wieder die vorübergehend geschlossene in Haikou treten. Zwar wurde in den letzten Jahren eine größere Zahl von Staatsunternehmen in Aktiengesellschaften umgewandelt, Aktien konnten aber in der Regel nur andere Unternehmen oder Beschäftigte des umgewandelten Betriebs erwerben. An der Shanghaier Börse stehen dem „privaten“ Publikum nach wie vor nur Aktien einer Handvoll Unternehmen zur Verfügung.

Wie stark das Interesse privater Käufer an Aktien ist, zeigt der Zusammenbruch des innerstädtischen Verkehrs in Shanghai Mitte 1991, als bekannt wurde, daß Aktien des Immobilienunternehmens Xinje zu haben waren. Der Kurs der an der Shanghaier Börse notierten Aktien ist denn auch innerhalb von zwei Jahren auf das sechsfache des Nennwerts angestiegen.

Hintergrund dieses Ansturms auf Aktien sind die in den letzten Jahren um 30 Prozent gestiegenen privaten Sparguthaben der Bevölkerung. Diese potentielle Nachfrage wird unter chinesischen Wirtschaftswissenschaftlern kontrovers diskutiert – sie ist der „Tiger im Käfig“ und wird von den einen als Gefahr für die Stabilität, von den anderen als unverzichtbare Kapitalquelle angesehen. C.S.

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